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EU-Ultimatum zur VorratsdatenspeicherungDie Frist verstreicht

Am Donnerstag endet die EU-Frist zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Ab jetzt droht Deutschland ein Bußgeld in Millionenhöhe.

Welche Daten sollen gespeichert werden? Union und FDP streiten sich. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Es wird ernst mit den Vorratsdaten. Ab dem 26. April kann die EU-Kommission eine Klage gegen Deutschland wegen Vertragsverletzung einreichen. Das Verfahren kann zwar längere Zeit dauern. Am Ende aber drohen Bußgelder in zweistelliger Millionenhöhe.

Die EU hat die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekom-Verbindungsdaten 2006 beschlossen – mit Zustimmung der damaligen schwarz-roten Bundesregierung. Deutschland hat die Richtlinie zunächst auch fristgerecht umgesetzt. Doch im März 2010 kippte das Bundesverfassungsgericht das deutsche Gesetz und forderte eine Neuregelung mit mehr Datenschutz.

Seitdem können sich Union und FDP nicht auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf einigen, ein Kompromiss ist derzeit auch nicht zu erwarten. Doch die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie besteht weiterhin. Die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Im Vorverfahren, das am 26. April endet, wurde Deutschland von der Kommission noch einmal aufgefordert, seinen Pflichten nachzukommen. Natürlich ist seither aber nichts passiert.

Ab nun kann Brüssel Deutschland beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg verklagen. Ein Vertragsverletzungsverfahren dauert am EuGH rund 20 Monate ab Klage. Die Kommission kann dabei entweder nur die Vertragsverletzung rügen und müsste dann später in einem neuen Verfahren ein Zwangsgeld beantragen. So ging die Kommission beim VW-Gesetz vor. Hier hat der EuGH Deutschland 2007 verurteilt, erst im November 2011 beantragte die Kommission ein Zwangsgeld gegen Deutschland. Ein Urteil steht noch aus.

Seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags im Jahr 2009 kann die Kommission den Rechtsweg aber auch beschleunigen und beim EuGH sofort ein Zwangsgeld wegen Nichtumsetzung einer Richtlinie beantragen. Das Zwangsgeld wird sich voraussichtlich in zweistelliger Millionenhöhe bewegen und bei fortdauernder Pflichtverletzung täglich anwachsen.

Inhaltlich wird der EuGH die Richtlinie dabei nicht prüfen. Das erhoffen Gegner der Vorratsdatenspeicherung von einer Vorlage des irischen High Court. Die irische Vorlage ist aber beim EuGH noch nicht eingegangen.

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8 Kommentare

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  • H
    Holländer

    Das "Bußgeld" zahle ich gerne. Und bei den nächsten Verhandlungen zahlen wir dann halt etwas weniger für Griechenland oder den Bauern.

     

    Alles besser als jeder als Kriminelle oder Terrorist zu behandelt. Jetzt auch schon wieder bei den Flugtickets. Und die Kriminellen und Terroristen sind schon schlau genug um mit dem Auto zu fahren. Nur Normalbürger werden damit überwacht.

  • BJ
    Bußgeld: ja danke.

    Lieber ein Bußgeld, als die Stasi-Manieren der EU zu unterstützen!

  • L
    Lächerlich

    Die paar Kröten sollten wir zahlen, um unsere Freiheit zu erhalten.

    Was sind schon ein paar Zigmillionen?

    Die ganze EU ist eine dauerstafe für Deutschland und da zahlen wir ein vielfaches jeden Monat

  • S
    sigibold

    Hart bleiben Frau Merkel!

    Das Volk will keine Vorratsdatenspeicherung.

    Die Grundrechte sind wichtiger als den Amis in den A... zu kriechen.

    In diesem speziellem Falle: Sch.... n sie auf die EU!

  • E
    eMVau

    Zunächst einmal natürlich wunderbar zu sehen, wie manövrierunfähig unserer sogenannte Regierungs *hust* -koalition *hust* ist.

     

    Aber dass sie unfähig sind, eine Einigung zu erzielen, wenn eine Strafe von 10-99 Mio. € droht, aufgrund der Tatsache, dass die EU uns unbedingt alle überwachen will, bewegt sich für mich irgendwo zwischen sarkastisch lachen und verzweifelt heulen.

     

    Was sind denn das für Gesetze, die einen für den Datenschutz bestrafen?

  • J
    Jürgen

    Wenn die EU-Komission die Bundesregierung erst vor dem EU-Gericht verklagen muss, und dieses Prozedere gut 20 Monate dauert, dann droht das Bußgeld erst in 20 Monaten und nicht jetzt!

     

    taz - Bild für Linke? Was soll diese Überschrift und der Tonfall des Artikels? Ein Großteil der an der Diskussion beteiligten will diese Voratsdatenspeicherung nicht, deshalb kann es nur gut tun, wenn sich das Hickhack darum in der Bundesregierung hinzieht. Stattdessen gibt es einen neunmalklugen Artikel, eingeleitet durch eine dämliche Überschrift.

     

    Diese taz ist mir keinen Cent wert.

  • M
    Martin

    Tzz,

    egal, zahlt doch der Steuerzahler, nicht der 'Volksvertreter'.

  • JK
    Jan Katzoke

    Ein gutes Beispiel dafür, dass die EU ihren Mitgliedsstaaten unnötige Gesetze aufbürgt. Hat man sich in Deutschland nicht bereits gegen diese Vorratsdatenspeicherung entschieden?

     

    Warum sollten wir nun diesen unausgereiften und nicht im geringsten sachdienlichen Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung bei uns erneut einführen?

     

    Meiner Meinung nach sollte mit Hilfe von repräsentativen Studien zunächst belegt werden, dass durch die Vorratsdatenspeicherung mehr Delikte aufgeklärt werden als bisher (Quelle:http://www.vorratsdatenspeicherung.de).

    In einigen Ländern die diese Daten bereits sicherstellen hat sich an der Aufklärungsrate nämlich nichts geändert.

     

    Ein mögliches Busgeld ist im Grunde genommen auch nicht weiter schlimm. Wir können diese Geld ja von dem Geld abzweigen, welches wir in die EU und ihre anderen Mitgliedsländer stecken. Dann hatt sich dieses Problem auch sehr schnell erledigt.