EU-Strafmaßnahmen gegen Ungarn: Die Antwort steht aus
Nach dem Wahlsieg der Fidesz-Partei will die EU Ungarn die Mittel kürzen. Wird Premier Orbán nun einlenken? Wohl kaum.
M it Ungarn ist es ein bisschen so wie mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es muss ganz schön dicke kommen, bis sich der Westen in Bewegung setzt. Es brauchte erst den haushohen Wahlsieg von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, der allein mit unlauteren Wettbewerbsbedingungen nicht erklärt werden kann, damit Brüssel endlich den Rechtsstaatsmechanismus aktiviert.
Viel zu lange schon hat die EU die Causa Budapest schleifen lassen. Seit Orbáns Machtantritt 2010 sind Demokratieabbau, Aushöhlung des Rechtsstaates sowie Diskriminierung von Minderheiten Regierungsprogramm. Darüber hinaus flossen stattliche Summen von EU-Geldern in die Taschen der kleptokratischen Elite. Bislang reagierte Brüssel allenfalls mit homöopathischen Dosen.
Die vornehme Zurückhaltung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dürfte durchaus dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass ihre Beförderung nicht zuletzt durch Orbán möglich wurde, der den Steigbügelhalter gab. Ein kleines Vertragsverletzungsverfahren hier, ein wenig Blockade von Coronahilfen da. Erinnert sei nur an den Eiertanz um die Mitgliedschaft des Fidesz in der EVP. Letztendlich kam Orbán dem Rauswurf zuvor, indem er sich selbst aus der Fraktion verabschiedete.
Aber jetzt ist Schluss mit lustig. Tatsächlich hatte die EU ohnehin keine andere Option. Wie sollte sie sonst Ländern wie der Ukraine erklären, dass, sollte von ihr nach Russlands militärischem Amoklauf überhaupt noch etwas übrig sein, der Beitrittsprozess Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte in Anspruch nehmen könnte.
Orbán hingegen wird sein Störfeuer gegen Brüssel weiter zündeln. Der einzige Unterschied ist, dass er es durch seinen wachsweichen Kurs gegenüber Russlands Präsidenten Wladimir Putin erfolgreich geschafft hat, auch noch die Visegrád-Staaten, allen voran Polen, gegen sich aufzubringen. Dass Brüssel jetzt die Mittel kappt, ist richtig, da alternativlos. Doch wie weiter mit dem illiberalen Demokraten in Budapest? Die Antwort darauf steht aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich