EU-Sanktionen angedroht: Kroatien will nicht nachgeben
Trotz der angedrohten Streichung von Fördergeldern weigert sich Kroatien, einen ehemaligen Agenten auszuliefern. In Deutschland droht ihm eine Mordanklage.
BRÜSSEL/ZAGREB dpa/ap | Im Streit mit der Europäischen Union über die Auslieferung mutmaßlicher Verbrecher will Neumitglied Kroatien nicht nachgeben. Ministerpräsident Zoran Milanovic will die Auslieferung nicht vor Juli 2014 möglich machen. Es handele sich um eine interne Angelegenheit Kroatiens, sagte Milanovic am Dienstag. Er werde nicht zulassen, dass das Land wie ein Wischlappen behandelt werde.
Die EU-Kommission will am Mittwoch Vorschläge für Sanktionen gegen Kroatien vorstellen. Mit dem möglichen Entzug von Fördermitteln will die Brüsseler Behörde das Land dazu bringen, ein Ende Juni im Eilverfahren verabschiedetes Gesetz abzuändern. Beim erwogenen Einfrieren von Fördergeldern geht es nach Angaben von Diplomaten um 80 Millionen Euro für 2014.
Anlass ist die geforderte Auslieferung des ehemaligen Geheimdienstagenten Josip Perkovic an Deutschland, wo er des Mordes an einem kroatischen Dissidenten Anfang der 80er Jahre verdächtigt wird. Damals arbeitete Perkovic noch für den jugoslawischen Geheimdienst.
Unmittelbar vor dem Beitritt zur EU am 1. Juli hatte Kroatien ein Gesetz verabschiedet, das Auslieferungen von Kroaten ins Ausland für jahrzehntealte Verbrechen unterbindet. Nach offizieller Darstellung soll das Gesetz die Veteranen des Unabhängigkeitskriegs 1991 bis 1995 schützen.
EU-Kommissarin Viviane Reding sagte am Dienstag, wenn das Gesetz so schnell beschlossen werden konnte, könne es auch rasch geändert werden. Es sei „ziemlich klar, dass es Sanktionen geben wird“, sagte sie. Unter anderem könnten die EU-Gelder für Grenzkontrollen gekürzt werden.
Milanovic betonte, dass Kroatien niemanden schützen wolle. Nötig sei aber mehr Zeit, weil es sich um ein heikles Thema handele. Präsident Ivo Josipovic sagte indes zu, man werde das Gesetz "so bald wie möglich" ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist