EU-Richtlinie zu Recycling: Neues Gesetz für alte Flaschen
Das Bundesumweltministerium regelt Entsorgung neu. Strenge Recyclingquoten fehlen. Grundlage für das neue Gesetz ist eine EU-Richtlinie.
BERLIN taz | Was geschieht mit alten Flaschen, Tüten und Zeitungen? Wer darf sie einsammeln und wie? Diese Fragen werden in Deutschland neu geregelt. Schon die alte Bundesregierung hat an einem neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz gearbeitet, für den neuen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) wird es ein Thema werden.
Noch hat er den Gesetzesentwurf seiner Mitarbeiter nicht in Augenschein genommen, doch wurde er am Donnerstag auf einem Symposium beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Berlin in Eckpunkten vorgestellt.
Grundlage des Entwurfs ist eine Richtlinie der EU, die "möglichst eins zu eins umgesetzt werden soll", sagt Frank Petersen, zuständiger Referatsleiter im Bundesumweltministerium (BMU). Zudem solle das bestehende Abfallgesetz in seinen Grundstrukturen erhalten bleiben.
Demnach will der Bund weiterhin vorschreiben, zuvörderst Abfall zu vermeiden, ihn zu verwerten und nur zuallerletzt zu beseitigen. Dabei wird die Abfallverbrennung auch weiterhin als energetische Verwertung gewertet. Der Entwurf sehe ein Nebeneinander kommunaler und privater Entsorungsunternehmen vor, sagt Petersen, zudem würden Recyclingquoten vorgeschrieben. Die EU-Richtlinie fordert Quoten von 50 Prozent bei Papier, Glas, Stahl und Kunststoff vor, 70 bei Bauabfällen. Mit über 80 Prozent für Papier und Glas sowie rund 70 Prozent bei Metall und Kunststoff liegt Deutschland bereits darüber.
Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung zeigte sich mit dem Entwurf noch nicht zufrieden. "Er muss eindeutiger zugunsten des Recyclings formuliert werden", sagt er. Dabei müsse die Verbrennung von Wertstoffen wie beispielsweise Kunststoff deutlich erschwert werden. "Es kann doch nicht sein, dass wir wertvolle Rohstoffe vernichten, nur weil die Verbrennung momentan billiger ist", sagt Lacher.
Die Eckpunkte ließen kein "ambitioniertes Gesetz vermuten", kritisiert Benjamin Bongardt vom Nabu. Zwar weiche es auch nicht hinter bestehende Standards zurück. "Aber es ist mal wieder typisch: Deutschland ruht sich auf seiner Spitzenreiterposition im Umweltbereich aus." Bongardt vermisst etwa hohe Recyclingquoten.
Kora Kristof vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie kritisiert, das neue Gesetz basiere auf veralteten Denkmustern. "Der Entwurf setzt am Ende des Produktlebenszyklus an", sagt die Expertin für Ressourceneffizienz, "statt die ganze Wertschöpfungskette im Blick zu behalten." Kristof fordert Pilotprojekte und Investitionen in Forschung, um beispielsweise die mehrmalige und verschiedenartige Nutzung von Produkten zu fördern. Notwendig sei ein wirkliches Kreislaufgesetz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?