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EU-Rettungsschirm für PortugalSpanien fürchtet Domino-Effekt

Portugal ist unter den Rettungsschirm für die Euroländer geschlüpft. Doch die Schuldenkrise könnte sich auf Spanien ausweiten. Das wäre eine Katastrophe.

Muss Spanien doch noch vor dem Schiffbruch gertettet werden? Bild: imago/Paul von Stroheim

MADRID taz | Ein Wort bestimmt die Debatten in Spaniens Presse und Hörfunk, seit Portugal unter den EU-Rettungsschirm schlupfen musste: "Dominoeffekt". Mit Sorge schauen die Spanier auf das, was im Nachbarland geschieht. "Wer ist der Nächste?", fragt El País, die größte Tageszeitung des Landes, und verweist auf besorgniserregende Zahlen: 34 Prozent der öffentlichen und privaten Kredite in Portugal wurden bei spanischen Banken aufgenommen.

Die Gesamtsumme beläuft sich auf sieben Prozent des spanischen Bruttoinlandsproduktes. Die höchste "Exposure", wie dies im Finanzjargon heißt. Außerdem sind rund 1.400 spanische Unternehmen im Nachbarland tätig. Die sinkende Kaufkraft der Portugiesen wird sie hart treffen. Kein Land ist so stark mit Portugal verbunden wie Spanien. Die spanische Wirtschaftsministerin Elena Salgado trat eiligst vor die Presse und schloss "jedwedes Risiko für Spanien" aus.

Die Wirtschaft des Landes sei "größer, breiter aufgestellt und stärker". Auch der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Sozialist Dominique Strauss-Kahn, sowie der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, und die EU-Kommission beschwören die "Stabilität" Spaniens.

Sie müssen einfach recht behalten, alles andere wäre eine Katastrophe. Spanien ist nicht irgendein EU-Land. Mit seinen über 40 Millionen Einwohnern gehört es zu den großen der Union. Die Wirtschaftsleistung macht knapp zwölf Prozent der EU aus. Eine mögliche Rettung wäre ein wesentlich teureres Unterfangen, als im kleinen Portugal.

Arbeitslosigkeit steigt weiter

Dort wird das Rettungspaket bis zu 85 Milliarden Euro kosten. Rund zwei Drittel sollen aus Brüssel kommen, ein Drittel vom IWF. Am Freitag legten die EU-Finanzminister einen Fahrplan für die Portugal-Hilfe vor. Portugal muss zunächst ein striktes Sanierungsprogramm ausarbeiten. Das soll in drei Wochen auf EU-Ebene und vom IWF abgesegnet werden. Ende Mai könnten die ersten Gelder fließen. Der Haushalt wäre gesichert. Was Spanien angeht, konnten die EU-Finanzminister erst einmal aufatmen.

Es kam zu keiner direkten Ansteckung durch die portugiesische Krise. Madrid war am Tag des Hilfegesuchs aus Lissabon in der Lage, zusätzliche Staatsanleihen am Markt zu platzieren. Der Risikozuschlag ging sogar leicht zurück. Die sozialistische Regierung hat Sozialausgaben gekürzt, die Gehälter im öffentlichen Dienst zusammengestrichen und den Arbeitsmarkt liberalisiert. Doch die Arbeitslosigkeit steigt weiter. Spaniens Wirtschaft wird 2011 nur um die 1,3 Prozent wachsen. Mittlerweile sind in Spanien über 4,7 Millionen Menschen ohne Job. Die Quote liegt bei über 20 Prozent.

Längst sind nicht alle Gefahren gebannt. Spaniens Sorgenkinder sind die Banken und Sparkassen. In den Jahren des Baubooms haben sie bereitwillig Kredite an Bauherren und Wohnungskäufer vergeben. Nachdem die Spekulationsblase geplatzt ist, warten sie bei immer mehr Kunden auf Rückzahlung. 110 Milliarden Euro, sechs Prozent des gesamten Kreditvolumens, werden von den Geldinstituten als "unsicher" eingestuft.

In diesem Zusammenhang bereiten der spanischen Regierung die steigenden Leitzinsen seitens der Europäischen Zentralbank Kopfzerbrechen. Die Zahlungsmoral der Kreditnehmer könnte weiter sinken. Und die spanische Wirtschaft ist weniger produktiv als die der anderen großen EU-Länder wie Frankreich oder Deutschland. Steigende Zinsen verstärken das Problem. Wirtschaftsministerin Salgado korrigierte die Vorhersagen für die Arbeitslosigkeit um einen halben Prozentpunkt nach oben.

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6 Kommentare

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  • B
    berthold3

    Immerhin sagt der gute Herr Schäuble"ich glaube nicht, dass es Probleme mit Spanien gibt".

    Dies wird von der Süddeutschen gleich als "Keine Ansteckungsgefahr" umgemünzt.

    Wir werden wie üblich die üblichen Lügen von Olli Rehn ertragen müssen. Bis irgendwann das Undenkbare - das Scheitern des Euro- als leider sehr real und damit doch denkbar hingenommen werden muss.

    So wie Merkel+ Co. behaupteten: "Deutsche AKW können keine Unfälle haben."

    Glücklicherweise äussert sich die Taz ein bischen kritisch.

    Warum es in Deutschland so viele Denkverbote und Tabus gibt, ist mir schleierhaft. Liegt wohl an der funktionierenden Propagandamaschiene.

  • F
    FAXENDICKE

    Weiter so holt die Polen die Bulgaren und Rumänen usw. auch noch rein in den Euro, je schneller hat England und USA im Verbund mit Banken, Versicherern und Ratingagenturen Europa und den Euro ruiniert. Wirtschaftsspionage mittels riesiger Abhöranlagen auf den britischen Inseln sind ja längst die Regel. Weder "Großbritanien" noch USA waren jemals für ein geeintes Europa ohne absoluten Führungsanspruch, ergo tun sie alles um Europa zu ruinieren.

  • M
    Manuel

    Es gibt 3 bank mit problemes in Spanien: Bankinter, Barclays Bank Spanien (English Eigentümer) und Deutsche Bank Spanien (Deutsche Eingentümer).

     

    Spanien hast 84.000 millons Portugueses Öffentliche Verschuldung, aber Deutschland hast 40.000 millons und Francais 37.200 millons.

  • RT
    reiner tiroch

    Und wieder sind es die Finanzminister mit ihrer Glaubens-und Sehschwäche welche immer danbenliegen. Sie glaubten nicht an die Erhöhung des Schirms und sahen auch keine Pleiteländer die unter den Schirm müssen und es dann doch schnell sollen. Jetzt sehen und Glauben sie nicht, dass Spanien wackelt und weitere EU-Länder. Dann geht es wieder von vorne los dass keiner Geld braucht und sich ziert um es dann schnell zu nehmen. Wir dürfen gespannt sein, wann die politker spannen, dass Europa und das gesamte Finanzsystem im Eimer ist.

  • FS
    Faule Spanier...

    ... wird es heisse, es wird heissen, warum die Deutschen wieder für alle anderen, und keiner wird sich drum kümmern, was die Ratingagenturen da so treiben, wer an diesen Währungsspekulationen verdient usw.

    Ich versteh es nicht. Gegen jeden Steinewerfer auf einer Demo wird die ganze Wucht des Gesetzes und ein hochmilitarisierter Polizeiapparat aufgeboten. Gegen die systematische Zerstörung ganzer Volkswirtschaften mit ihren unabsehbaren Folgen für die ganze EU und unser aller Leben scheint kein Kraut gewachsen, da gibt es anscheinend noch nicht mal spruchreife Gesetzesentwürfe, von Gesetzen und Leuten, die sie durchsetzen, ganz zu schweigen.

  • RT
    reiner tiroch

    Alle pleiteländer wollten niemals Geld aus dem schirm haben um es doch ganz schnell zu nehmen. Die weiteren Wackelkandidaten zieren sich wie alle vorher, kein geld zu brauchen? Warum geht nicht ganz Europa unter den Schirm, damit dieses Trauerspiel endlich abgehakt werden kann? Der Schirm kann ja auf 100 Billionen erweitert werden, dann wird er wohl bis Jahresende reichen.