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EU-Regulierungen über ChemikalienRat rügt EU-Kommission

Die EU verschleppt die fällige Regulierung von hormonell wirksamen Stoffen. Die Industrie fördert das nach Kräften.

Die Europäische Kommission hat die Regulierung gefährlicher Chemikalien verschleppt. Foto: dpa

Berlin taz | Der Rat der Mitgliedsländer will die EU-Kommission am Freitag ungewöhnlich deutlich rüffeln. Es geht um die Gesetzgebung zu einem schwer fassbaren, aber gefährlichen Typ von Chemikalien. Laut einem Erklärungsentwurf fordert der Rat „die Kommission auf, ihre rechtlichen Verpflichtungen nach Maßgabe des Vertrags und des Gerichtsurteils zu erfüllen“.

Seit 2012 regelt die EU in ihrer „Biozidrichtlinie“ den Umgang mit Chemikalien, die gegen Tiere, Pilze oder Bakterien eingesetzt werden, wie Rattengift, Mückenspray oder Holzschutzmittel. In der Richtlinie erhielt die EU-Kommission den Auftrag, eine Gruppe von Chemikalien genauer ins Visier zu nehmen. „Endokrine Disruptoren“ beeinflussen das Hormonsystem. Laut Umweltbundesamt können sie unter anderem Brust-, Prostatakrebs oder Hoden-Fehlbildungen auslösen.

Das Problem: Hormonell wirksam können viele Stoffe sein, die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt ihre Zahl auf etwa 800. Sie können ebenso in Kunststoffen wie auch in Medikamenten oder Insektengiften stecken. Bis 2013 sollte die EU-Kommission einen Kriterienkatalog für die Stoffe erstellen, die als hormonell wirksam zu erfassen und damit zu regulieren seien. Doch passiert ist nichts.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Untätigkeit der Kommission zu einem Politkrimi entwickelt: Der Spiegel veröffentlichte Unterlagen, die den Druck belegten, den die Industrie in der Sache auf Brüssel ausübt. Schließlich verklagte die schwedische Regierung die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Untätigkeit – und gewann. Nun legt sich der Rat, der sich der Position Schwedens angeschlossen hat, nach.

„Für wahrscheinlich krebserregende Substanzen wie Glyphosat werden im Eiltempo 15-jährige Zulassungsverlängerungen erteilt“, kritisiert die grüne Umweltpolitikerin Bärbel Höhn, „geht es aber um die Einschränkung der Verwendung von Giftstoffen, verschleppt die Kommission“. Mit dem Vorsorgeprinzip sei das nicht vereinbar.

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