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EU-Reaktion auf Coronakrise in ChinaDiskussion um Einreise-Testpflicht

In China ist das Coronavirus außer Kontrolle. Wie reagieren die EU-Staaten? Der Chef des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery fordert eine einheitliche Lösung.

Testpflicht für Einreisende aus China? Ex­per­t:in­nen sind gegen nationale Alleingänge Foto: Uwe Anspach/dpa

Berlin dpa/afp | Angesichts der massiven Corona-Infektionswelle in China hat sich der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, für eine europaweite PCR-Testpflicht für alle Reisenden aus der Volksrepublik ausgesprochen. „Wir wissen nicht, was in China derzeit passiert. Die Infektionen laufen völlig unkontrolliert ab. Daher halte ich es für sinnvoll, eine PCR-Testpflicht bei der Einreise vorzuschreiben“, sagte er der Rheinischen Post (Mittwoch). Zuvor hatte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes für eine einheitliche Schnelltestpflicht in der Europäischen Union plädiert.

Mehrere europäische Länder haben bereits Einreisebeschränkungen erlassen oder diese in Aussicht gestellt, darunter Frankreich, Italien und Spanien. Die EU hatte bei Beratungen zur Coronalage in China am Donnerstag noch keine gemeinsame Linie beschlossen.

Am Dienstag teilte ein Sprecher der Europäischen Kommission nach einem Treffen von Vertretern der nationalen Gesundheitsministerien mit: „Die überwältigende Mehrheit der Länder befürwortet Tests vor der Abreise.“ Grundsätzlich habe man sich auf ein „koordiniertes Vorgehen“ verständigt. Die Diskussion soll an diesem Mittwoch bei einem Treffen der EU-Staaten auf Expertenebene fortgesetzt werden.

Auch Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hält eine generelle Coronatestpflicht für Reisende aus China an deutschen Flughäfen im nationalen Alleingang für kaum sinnvoll. Eine Kontrolle einzelner Direktflüge sei „wenig wirksam“, da der überwiegende Reiseverkehr aus China über sogenannte Gabelflüge und andere Wege ins Land komme, sagte Dahmen am Mittwoch im „Morgenmagazin“ der ARD. Eine Testpflicht würde nur „gemeinsam europäisch“ Sinn machen.

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Derzeit gebe es außerdem keinerlei Hinweise darauf, dass in China andere Virusvarianten kursierten als die ohnehin bereits weltweit verbreiteten Stämme der Omikron-Familie, sagte der gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Allerdings müsse die Lage „eng“ beobachtet werden. Daher würde es seiner Auffassung nach etwa Sinn machen, mögliche neuartige Mutationen mit Stichprobentests frühzeitig zu identifizieren.

Zur Eindämmung der Corona-Infektionsdynamik im Inland seien derzeit aber Maßnahmen wie Maskentragen in Innenräumen und im Nahverkehr sehr viel entscheidender, fügte Dahmen an. Für „kurzfristige Panik“ angesichts der Coronawelle in China gebe es nach derzeitigem Stand keine Veranlassung.

Der Epidemiologe Klaus Stöhr hält das Testen von Reisenden aus der Volksrepublik für nicht zielführend, um die Ausbreitung neuer Virusvarianten zu verhindern. „Das Monitoring ist keine so schlechte Idee, wissenschaftlich sicherlich interessant, aber rein praktisch müsste man ja dann sehen, wie sich diese Variante auch in der Population verhält“, sagte der ehemalige Leiter des Influenzaprogramms der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Es gehe darum, welche Eigenschaften sich neben den genetischen geändert hätten, ob auch andere Altersgruppen betroffen seien oder der Immunschutz unterlaufen werde. „Alles das dauert ja eine gewisse Zeit und dann ist die Variante dann auch schon durchgeschlüpft. Selbst Testen kann das ja nicht verhindern“, sagte Stöhr. Die Tests würden nicht jeden Infizierten ermitteln.

China hatte nach fast drei Jahren mit Lockdowns, Massentests und Zwangsquarantäne am 7. Dezember abrupt ein Ende seiner Null-Covid-Politik verkündet. Seitdem erlebt das bevölkerungsreichste Land eine massive Coronawelle. Die EU-Staaten beraten derzeit über eine gemeinsame Strategie zum Umgang mit Reisenden aus China. Einige haben bereits auf eigene Faust die Regeln für Einreisen aus China verschärft, darunter Frankreich, Österreich und Spanien.

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