EU-Patentrecht stärkt Saatgutindustrie: Mehr Macht für Monsanto
Die Europäische Union beschließt ein neues Patentrecht. Die Rechte von Bauern und Anti-Gentech-Aktivisten werden ignoriert.
![](https://taz.de/picture/180850/14/Monsanto-EU-Patenrecht.jpg)
BERLIN taz | Das EU-Parlament hat am Dienstag ein neues Patentrecht beschlossen, das Saatgutkonzernen wie Monsanto mehr Macht über die Lebensmittelproduktion gibt. Die Abgeordneten stimmten mit großer Mehrheit für einheitliche Patente, die ohne weitere Übersetzung in 25 der 27 EU-Länder gelten. Die Mitgliedsländer hatten bereits grünes Licht für die Regelung gegeben. Sie beschneidet die Rechte von Bauern und Anti-Gentech-Aktivisten.
Patente sind Urkunden, die es nur dem Inhaber erlauben, Erfindungen zu verwerten. Doch der Weg zu einem EU-weit gültigen Schutzrecht ist bisher aufwendig und teuer: Er muss beim Europäischen Patentamt in München beantragt und dann in jedem Land bestätigt werden.
Kostenpunkt: gut 30.000 Euro – das meiste für Übersetzungen. Das neue EU-Patent dagegen gilt auch ohne Antrag bei den nationalen Behörden in allen Teilnehmerstaaten. Die Kosten sollen auf etwa 6.500 Euro sinken.
Davon profitieren natürlich auch Firmen wie Monsanto, die Patente vor allem auf gentechnisch veränderte Pflanzen haben. Kein Wunder, dass beispielsweise die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie den Beschluss begrüßt. Viele Wirtschaftsverbände verweisen auf Vorteile für kleine Unternehmen, die sich jetzt eher Patente leisten könnten.
Das Recht des Stärkeren
Der Deutsche Bauernverband dagegen bemängelt, dass das neue Recht die hiesige „Auskreuzungsregel“ nicht übernehme. Monsanto kann also einen Bauern verklagen, weil auf seinem Feld nicht bezahlte Pflanzen mit EU-Patent wachsen – auch wenn das Saatgut nicht vom Landwirt selbst ausgesät, sondern durch den Wind von einem Nachbarfeld herübergetragen wurde. Vorbild könnte die berühmte Klage des US-Konzerns gegen den kanadischen Farmer Percy Schmeiser sein.
Gentech-Gegner Christoph Then vom Bündnis No Patents on Seeds kritisiert besonders, dass die EU mit der Regelung Einsprüche etwa gegen Patente auf Lebewesen erschwere. Denn das Gesetzespaket sieht auch ein Europäisches Patentgericht in Paris vor. „Dort muss man einen Anwalt haben“, sagt Then.
Das war bei Einsprüchen gegen die bisherigen Schutzrechte des Europäischen Patentamts nicht nötig. „Die Kosten für Organisationen, die aus öffentlichem Interesse gegen Patente Einspruch einlegen, werden drastisch erhöht“, klagt Then. Er befürchtet, dass nun das Recht des Stärkeren gilt.
Stoppen könnte das EU-Patent jetzt noch eine Klage Spaniens und Italiens vor dem Europäischen Gerichtshof, die nicht an dem neuen System teilnehmen. Doch die Chancen stehen nicht besonders gut. Der Gutachter des Gerichts empfahl, die Klage abzuweisen. Der Alleingang von 25 EU-Ländern beim gemeinsamen Patent sei rechtens.
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