EU-Mittel für Bulgarien und Rumänien: 600 Millionen Euro „nicht abgerufen“
NRWs Integrationsminister will nicht abgerufene EU-Gelder aus dem Sozialfonds nach Deutschland umleiten. So sollen Minderheiten unterstützt werden.
DÜSSELDORF taz | Zur Integration von Armutsflüchtlingen aus Südosteuropa will Nordrhein-Westfalens Landesregierung für Rumänien und Bulgarien vorgesehene EU-Mittel in Millionenhöhe nach Deutschland umleiten. Die beiden südosteuropäischen Länder hätten Mittel des Europäischen Sozialfonds in Höhe von 600 Millionen Euro „nicht abgerufen“, klagte Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) am Montag auf einem Pressetermin in Düsseldorf.
Die Gelder seien für die Unterstützung von Minderheiten wie Roma vorgesehen. Gerade für diese sei das eine „Katastrophe“, so Schneider: Sie leben in den beiden EU-Staaten oft in Siedlungen, die an Slums erinnern, werden beim Bildungszugang diskriminiert, bekommen oft nur extrem schlecht bezahlte Jobs.
Grund dafür sind nach Meinung Schneiders, der vor seiner Ernennung zum Minister Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes war, „miserable Verwaltungsstrukturen“ in Rumänien und Bulgarien. Die will der Sozialdemokrat durch Entsendung von Expertenteams, etwa aus der Bundesrepublik oder Frankreich, verbessern. Sollten die Hilfsgelder danach – etwa aufgrund von Korruption – immer noch nicht in Anspruch genommen werden, müsse die EU das Geld „Ländern, die Zuwanderung organisieren müssen, zur Verfügung stellen“, so Schneider.
Diese Forderung wird laut dem SPD-Mann auch von Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Bremen und Berlin unterstützt. Aufseiten der EU-Kommission trifft der Wunsch der Länder aber offenbar auf wenig Gegenliebe: EU-Sozialkommissar László Andor war bei einem NRW-Besuch Anfang Februar zu keinen konkreten Hilfszusagen bereit.
Denn im knapp 18 Millionen Einwohner zählenden Nordrhein-Westfalen lebten Ende Oktober 2013 nicht einmal 90.000 Menschen aus Rumänien und Bulgarien. Viele von ihnen sind gut qualifiziert – die Einwanderer arbeiten oft im Medizin- und Pflegebereich. Als Problem gilt aber, dass schlecht ausgebildete MigrantInnen in arme Ruhrgebietsstädte wie Duisburg, Dortmund oder Hamm ziehen. Zehntausende Wohnungen stehen dort leer, die Mieten sind billig.
Aktuell kommen jeden Monat etwa 600 Menschen aus Rumänien und Bulgarien allein nach Duisburg, die Hälfte davon Kinder. Die vor der Pleite stehende Stadt rechnet für 2014 mit Kosten von zehn Millionen Euro – etwa für Integrationsklassen in Schulen oder Gesundheitsversorgung. Gerade die klammen Revierstädte bräuchten deshalb massive Unterstützung von EU und Bund, forderte Schneider: Schließlich habe die Bundesrepublik seit Jahrzehnten von ihren MigrantInnen profitiert. NRW selbst unterstützt die Kommunen seit dem Sommer mit einem 7,5 Millionen Euro schweren Hilfsprogramm.
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