EU-Ministerrat zu exklusiver Väterzeit: Ohne Gesetz ist Emanzipation schwer
Aus der geplanten Ausweitung der bezahlten Elternzeit für Väter wird nichts. Denn die deutschen Ministerien stimmten nicht rechtzeitig ab.
Doch insbesondere über letzteres wird heftig gestritten. Die gleichstellungs- und familienpolitisch weniger ambitionierten Staaten wollten die Zahl der nicht übertragbaren Monate auf nur noch einen senken, die fortschrittlicheren weiter ausdehnen. Im Vorbereitungspapier für den Rat ist nun von zwei Monaten die Rede, in den berühmten eckigen Klammern, die bedeuten: Noch keine Einigung.
Leider macht sich die Bundesregierung nicht einmal für diese Variante wirklich stark. Die Position der Regierung befindet sich offiziell noch in der Ressortabstimmung. Inoffiziell heißt es, das Wirtschaftsministerium lehne weitere Rechte für berufstätige Väter ab – so wie auch die Arbeitgeberverbände den Status quo für ausreichend halten. Auch die zehn Tage Vaterschaftsurlaub finden keine ausreichende Unterstützung. Öffentlich äußern möchte sich das Ministerium zu dieser Frage im Moment nicht.
Väter brauchen gesetzliche Unterstützung
Die EU-Kommission hält dem entgegen, dass eine bessere Balance von Beruf und Familie für Mütter und Väter der Dequalifikation von Müttern entgegenwirkt. Wer länger aus dem Beruf aussteigt, kommt schwerer wieder hinein, zeigen Studien. Durch die mangelhafte Vereinbarkeit von Beruf und Familie verliere die EU jährlich 370 Milliarden Euro, argumentiert die Kommission.
Ärgerlich finden den drohenden Stillstand insbesondere die Familienverbände. Deren Dachverband, die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF), fordert die Bundesregierung in einem offenen Brief „eindringlich“ auf, die europäische Initiative zu unterstützen. Und Dag Schölper vom Bundesforum Männer weist darauf hin, dass viele Männer ihre Vätermonate gerne ausweiten würden.
„Die Väter brauchen eine gesetzliche Unterstützung“, meint Schölper, „denn nicht jeder kann als Speerspitze der Emanzipation bei seinem Chef mehr Elternzeit erkämpfen“. Man habe gesehen, dass erst die reservierten Vätermonate, die verfallen, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden, eine nachhaltige Verhaltensänderung bewirkt habe.
In einer Studie des Familienministeriums geben tatsächlich 82 Prozent der befragten Väter an, sie hätten die Elternzeit anders aufgeteilt, wenn vier exklusive Vätermonate zur Verfügung gestanden hätten. Auch im zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird die Ausweitung der Vätermonate empfohlen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?