EU-Mercosur-Freihandelsabkommen: Südamerika geht einen eigenen Weg
Das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen hängt weiter in der Luft. Denn die Differenzen der Verhandlungspartner sind in den vergangenen Jahren eher gewachsen.
B eim Freihandelsabkommen EU-Mercosur zeigen die Daumen auch nach dem Gipfeltreffen der vier Mitgliedstaaten der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft weiter nach unten. Auch wenn der brasilianische Präsident Lula da Silva am Dienstag neuen Schwung in die Sache bringt, werden die Bremser im brasilianischen Parlament weiter kräftig auf die Pedale treten und die von der EU eingeforderte Waldschutzklausel als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes ablehnen.
Mit Argentiniens Präsident Alberto Fernández ist das Abkommen ohnehin nicht zu machen. Der setzt weiter auf den Schutz seiner produktivitätsschwachen Industrie. Allerdings hat am Río de la Plata der Präsidentschaftswahlkampf begonnen und vieles spricht dafür, dass im Dezember ein marktliberaler Nachfolger in den Präsidentenpalast einzieht.
Vor allem aber hat sich in den mehr als zwanzig Jahren andauernden Verhandlungen geopolitisch viel verändert. Lateinamerika ist längst nicht mehr der willfährige Hinterhof der USA. Jüngstes Beispiel sind die gegensätzlichen Positionen zum Ukraine-Krieg und die Weigerung vieler Staaten der Region, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen, allen voran Brasilien.
Europa hat noch mehr an Einfluss verloren, der ohnehin nie sehr groß war. Das bekam auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in Brasília und Buenos Aires Mitte Juni zu spüren. Zwar verkündete sie, Europa sei zurück in Lateinamerika und es sei an der Zeit, die „strategische Partnerschaft auf eine neue Ebene“ zu heben. Der von ihr vorgestellte milliardenschwere Investitionsfonds wurde mit Willkommensgrüßen aufgenommen. Aber eine weitere Marktöffnung für Industriegüter aus Europa ist eine andere Sache.
Mit ihrer Waldschutzklausel hat sich die EU offensichtlich den Verhandlungsspielraum genommen. Deshalb müsste sich der Jubel der europäischen NGOs, die sich für die Klausel eingesetzt hatten, in Grenzen halten, sollte das Abkommen mit der EU tatsächlich einmal vom Tisch sein. Denn was wirklich droht, ist ein Pyrrhussieg.
Das unabhängigere Auftreten Lateinamerikas geht Hand in Hand mit dem steigenden Angebot an Investitionen aus China, gerade in Ländern des Mercosur. China ist bei der Ausbeutung von Lithium oder Kupfer schon lange in Südamerika aktiv und drängt massiv darauf, weitere Lagerstätten für sich zu erschließen. Die Nachfrage nach Soja und Fleisch wird die Abholzung der Wälder weiter vorantreiben. Umwelt- und Waldschutz oder Nachhaltigkeit spielen dabei keine Rolle.
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