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EU-MeerespolitikKabeljau-Quote und Ölplattformen

Die EU-Kommission fasst die maritime Politik in einer "integrierten Meerespolitik" zusammen - ziemlich unkonkret. Das ärgert die Umweltverbände.

Auch der Küstenschutz gehört zum Paket Meerespolitik: Sandfänger bei Emmelsbüll. Bild: ap

BRÜSSEL taz Schärfer hätte der Gegensatz nicht sein können: In Warschau versammelten sich zornige Fischer vor der Vertretung der EU-Kommission, weil die EU Polen wegen Schwarzfischerei verklagen will. Das Land hat seine Kabeljau-Quote längst ausgeschöpft. In Brüssel feierten derweil Meeresforschungsinstitute und Produzenten von erneuerbarer Off-Shore-Energie die neue "integrierte Meerespolitik" der Europäischen Union.

Die Euphorie gilt nicht etwa einem Gesetzespaket, mit dem nachhaltige Fischereipolitik, Tourismus, Seetransport und Küstenschutz unter einen Hut gebracht werden könnten. Es geht nur um eine "Mitteilung", die nach Anhörung von Verbänden, Industriezweigen, Umweltorganisationen und Forschungsinstituten unter Mitarbeit von zehn EU-Kommissaren und ihren Fachabteilungen entstand.

"Die Meere sind Europas Lebensblut", lautet der erste Satz. Und auch bei Kommissionspräsident Manuel Barroso scheint das Thema eine poetische Saite zum Schwingen zu bringen: "Der Planet Erde ist zu großen Teilen von Meer bedeckt", schwärmte er. "Ein Meer der Möglichkeiten." Aber er lieferte auch Zahlen: 70.000 Kilometer Küstenlinie hat die Union, 40 Prozent der Bevölkerung leben dort, erzeugen 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und wickeln 40 Prozent des Binnenhandels ab. Fast zwei Drittel des europäischen Tourismus konzentrieren sich auf die Küsten des Kontinents, wir beziehen 40 Prozent unseres Öls und 60 Prozent des von uns verbrauchten Erdgases aus dem Meer, hauptsächlich aus der Nordsee. Ein Drittel der Welthandelsflotte fährt für europäische Reedereien.

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, "in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern, insbesondere den Küstenregionen, nationale integrierte Meerespolitiken zu entwickeln."

Zu konkreten Forderungen wie einer europäischen Küstenwache oder harmonisierten Standards für europäische Reedereien konnte sich die Kommission aber nicht durchringen.

Nicht alle Mitgliedstaaten seien dazu zu bewegen, wehrten Barroso und sein Fachkommissar Joe Borg Fragen ab. Wenn der politische Wille zur Vereinheitlichung fehle, müsse man sich eben mit besserer Absprache, mehr Datenaustausch und nachbarschaftlicher Hilfe bei Ausrüstung und Personal begnügen. Regionale Spitzenzentren sollen zu einem "Netzwerk maritimer Cluster" ausgebaut werden.

Stephan Lutter, beim WWF zuständig für Meerespolitik, befürchtet, dass die Zuständigkeiten für Fischerei, Häfen, Transport, Energiegewinnung und Rohstoffförderung in den Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene trotzdem zersplittert bleiben: "Bislang beutet jede Interessengruppe die Meere so intensiv wie möglich aus."

Immerhin sei der Ansatz richtig, stärker auf die Wechselwirkung unterschiedlicher maritimer Aktivitäten zu achten. So sei zum Beispiel die Lärmbelastung unter Wasser durch Explosionen, Rammarbeiten beim Bau von Ölplattformen, Schifffahrt sowie Sand- und Kiesbaggerungen enorm gestiegen. "Nur wenn diese Aktivitäten in der Summe betrachtet werden, können wir die Umwelteffekte richtig einschätzen und zum Beispiel Schweinswale schützen", so Lutter.

Für echte Fortschritte sind nach Überzeugung des WWF aber Gesetze nötig. Anfang 2008 soll die Meeresrahmenrichtlinie verabschiedet werden. Für kommende Woche hat Fischereikommissar Joe Borg zwei Gesetzentwürfe angekündigt, mit denen die Piratenfischerei und die Schleppnetz-Fischerei strenger bekämpft werden sollen. Die polnischen Fischer werden von diesen Plänen nicht begeistert sein.

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