EU-Kommission begrenzt Subventionen: Auslaufmodell Regionalflughafen
Die EU-Kommission begrenzt die Subventionen für defizitäre Provinzflughäfen. Innerhalb von zehn Jahren müssen sie schwarze Zahlen schreiben.
BERLIN taz | Die Europäische Union gewährt unrentablen Regionalflughäfen eine Schonfrist von zehn Jahren, bevor sie ohne staatliche Hilfen über die Runden kommen müssen. Flughäfen mit weniger als 3 Millionen Passagieren pro Jahr könnten für diesen Übergangszeitraum Subventionen bekommen, schreibt die Europäische Kommission in am Donnerstag veröffentlichten Leitlinien.
Zuschüsse zu den Betriebskosten könnten danach allenfalls sehr kleine Flughäfen etwa auf Inseln erhalten, wenn diese zur Verkehrsanbindung einer Region nötig seien, kündigte Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia an. Verstößt ein Mitgliedsstaat gegen die neuen Leitlinien, muss er mit einem Verfahren wegen unerlaubter Beihilfen rechnen. Almunia: „Die neuen Leitlinien werden einen fairen Wettbewerb gewährleisten.“
Für die Errichtung eines Flughafens will die EU auch weiterhin Baukostenzuschüsse gestatten – je kleiner der Flughafen ist, umso höher dürfen die Subventionen sein; sie dürfen aber maximal 75 Prozent betragen. Große Flughäfen, die mehr als 5 Millionen Passagiere pro Jahr haben, sollen ganz ohne Staatshilfe gebaut werden.
Die neuen Regeln, konsequent angewandt, dürften weitreichende Folgen in Europa haben. Denn fast überall haben sich Provinzfürsten kleine, meist defizitäre Flughäfen bauen lassen – in der Hoffnung, Billigfluggesellschaften könnten Jobs und Kundschaft in die Region bringen. Allein in Deutschland erwirtschaften nach Schätzungen des Grünen-Verkehrsexperten Michael Cramer derzeit 17 von 23 internationalen Flughäfen Defizite.
Überfällige Entscheidung
Ein Beispiel dafür seien der nordhessische Flughafen Kassel-Calden oder die nur 30 Kilometer voneinander entfernten Flughäfen in Zweibrücken in Rheinland-Pfalz und Saarbrücken im Saarland. „Die Entscheidung für strengere Kriterien bei der Vergabe von staatlichen Beihilfen war längst überfällig“, so Cramer. Bedauerlich sei aber, dass die EU-Kommission Betriebszuschüsse noch ein ganzes Jahrzehnt lang erlauben wolle.
Der deutsche Flughafenverband ADV hingegen forderte von der EU-Kommission, anzuerkennen, dass „Entscheidungen zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur in die Entscheidungskompetenz der Mitgliedsstaaten gehören“. Flughafeninfrastruktur sei ein wichtiger Teil der nationalen Daseinsvorsorge.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel