EU-Kommissarin kämpft für Gleichstellung: Quote soll Chefinnen verzehnfachen
EU-Kommissarin Viviane Reding fordert eine Frauenquote von 30 Prozent und mehr in der Chefetage. Momentan beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen drei Prozent.
BERLIN taz | Die Quote ist zeitgemäß und notwendig. Das sagt Viviane Reding. Die Luxemburgerin ist in der Europäischen Kommission in Brüssel für Justiz- und Gleichstellungsfragen zuständig und gilt als eine der mächtigsten EU-KommissarInnen. Am Dienstag will sie eine "Europäische Gleichstellungsrichtlinie" vorlegen: 2015 soll der Frauenanteil in Aufsichtsräten 30 Prozent betragen, 2020 sollen 40 Prozent Frauen in Spitzenpositionen der Wirtschaft vertreten sein.
Momentan beträgt der Frauenanteil großer europäischer Unternehmen drei Prozent. In deutschen DAX-Unternehmen liegt er bei 13 Prozent.
Reding will im Frühjahr 2011 Vertreter führender europäischer Unternehmen nach Brüssel einladen, um mit ihnen über die Quote zu beraten. "In den vergangenen Jahren ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen nicht gestiegen", sagte Reding: "Dagegen müssen die Unternehmen etwas tun."
Als erstes deutsches DAX-30-Unternehmen hat sich die Telekom in diesem Frühjahr eine Quote verordnet: Bis 2015 sollen 30 Prozent der Führungsjobs mit Frauen besetzt sein. Damit folgt das Unternehmen anderen EU-Ländern, die schon vor Jahren die Quote eingeführt haben. Norwegen und die Niederlande haben eine 40-Prozent-Quote für Aufsichtsräte, Spanien will bis 2015 die 40-Prozent-Quote erreichen, in Schweden wird sie debattiert.
In einigen Firmen in dem skandinavischen gleichstellungspolitischen Vorzeigeland, zum Beispiel beim Küchengerätehersteller Electrolux, sind schon heute ein Viertel der Spitzenposten mit Frauen besetzt.
Deutsche Wirtschaftsverbände lehnen eine Quote erwartungsgemäß ab und setzen auf Freiwilligkeit. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag halten Quoten in der Wirtschaft für überflüssig und Sanktionsmaßnahmen für kontraproduktiv.
Dabei vollzieht sich in der deutschen Wirtschaftselite allmählich ein Gesinnungswandel: Einer Studie des Sinus-Instituts für Milieuforschung zufolge wünschen sich inzwischen drei Viertel der männlichen Führungskräfte mehr Frauen im gehobenen Management und in Aufsichtsräten. Aber nur ein Drittel der Männer glaubt, dass sich der Anteil der Frauen "von allein" erhöht. Sollte die EU-Kommission eine Quote beschließen, müssen deutsche Unternehmen diese umsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern