EU-Klimaschutzpolitik: Das Prinzip Hoffnung
Die Milliarden für Klimaschutz in den ärmeren Ländern sollen die EU-Staaten freiwillig zahlen. Das ist den Beteiligten peinlich. Zumindest einigen.
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BRÜSSEL taz | Der Journalist traute seinen Ohren nicht: "Habe ich Sie richtig verstanden? Die jährlich fünf bis sieben Milliarden Euro Starthilfe für den Klimaschutz in ärmeren Ländern, die die EU bis 2013 investieren will, sollen auf freiwilliger Basis aufgebracht werden?"
Dem schwedischen Premier Fredrik Reinfeldt, der als Ratsvorsitzender die EU auf der Klimakonferenz in Kopenhagen vertreten wird, war die Antwort peinlich. "Freiwillig, ja", murmelte er. "Doch es liegen schon so viele Angebote auf dem Tisch, dass die Kasse fast voll ist."
Mit dem Zugeständnis, dass der Klimawandel ab 2020 wohl jährlich hundert Milliarden Euro kosten wird, dass aber unklar ist, wer zahlt, reisen die EU-Vertreter am 3. November zum USA-EU-Gipfel nach Washington.
Der EU-Gipfel stellte nur fest, dass zwischen 22 und 50 Milliarden aus öffentlichen Kassen kommen sollen. Den Rest soll der Verkauf von Verschmutzungsrechten bringen und die Privatwirtschaft. Festgehalten wird, den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen. Doch wie das geschehen soll, ist unklarer als vorher.
Mit ihrer Forderung, sich in Kopenhagen nicht durch großzügige Vorleistungen die Verhandlungsposition kaputtzumachen, hat sich Angela Merkel durchgesetzt. Die Aussicht, weniger als bisher geplant zu zahlen, begeisterte viele Mitgliedstaaten, vor allem Italien und Frankreich.
Zu Beginn betonte Merkel, niemand stelle die von ihr 2007 ausgehandelten Klimaziele infrage. "Natürlich gehört zu einem solchen Bekenntnis auch, dass wir finanzielle Zusagen machen. Aber auch andere Länder müssen Verpflichtungen übernehmen."
Nach dem Ende der Beratungen erklärte sie, die EU werde wohl ein Drittel der Kosten tragen, wovon zwanzig Prozent auf Deutschland entfielen. Um die interne Verteilung war bis zuletzt gestritten worden. Neun osteuropäische Länder unter Führung Polens wollen sich möglichst gar nicht beteiligen.
Doch die von vielen befürchtete Nachtsitzung fiel aus. Um die Mittagszeit bearbeiteten Merkel und Sarkozy separat die störrischen Osteuropäer. Dabei bewährte sich ein Rezept aus den deutschen Koalitionsverhandlungen: Der Streit bleibt offen, die Beteiligten gründen erst einmal eine Arbeitsgruppe.
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