EU-Bürger:innen im Königreich: Großbritannien braucht neue Regeln
Ein Gericht in London stärkt die Rechte von in Großbritannien lebenden EU-Bürger:innen. Die Regierung will Berufung einlegen.
Das britische Innenministerium verlangt von allen EU-Bürger:innen, die keine britische Staatsbürgerschaft besitzen, sich beim sogenannten EU-Settlement Scheme anzumelden. Es erlaubt EU-Bürger:innen zwar, sich weiter im Vereinigten Königreich aufzuhalten und dort zu arbeiten, aber es fordert nach fünf Jahren einen weiteren Antrag auf permanentes Bleiberecht.
Die richterliche Untersuchung war vom unabhängigen Aufsichtsamt für Bürgerrechte (Independent Monitoring Authority for the Citizens’ Rights Agreements) in Auftrag gegeben worden. Das Aufsichtsamt ist Teil des Austrittsabkommens mit Zuständigkeit für die Rechte von EU-Bürger:innen im Vereinigten Königreich.
Von den 5,5 Millionen Menschen, die bis zum Juni 2021 eine Aufenthaltserlaubnis beantragten, erhielten 2,8 Millionen EU-Bürger:innen ein sofortiges permanentes Bleiberecht, weil sie bereits über fünf Jahre im Land waren. 2,3 Millionen weitere Antragsteller:innen erhielten den sogenannten Pre-Settled Status, durch den sie permanentes Bleiberecht erst nach fünf Jahren beantragen können und müssen.
Richter: Unfaire Hürden aufgebaut
Im Vereinigten Königreich lebende EU-Bürger:innen, die dem nicht nachkommen können, riskieren, sich ohne Neuregistrierung illegal im Land aufzuhalten. Die Gruppe The3Million, welche sich für die Rechte von EU-Bürgerinnen im Vereinigten Königreich einsetzt, argumentierte, dass dies insbesondere die vulnerablen unter den EU-Bürger:innen gefährden könnte und zur Verweigerung ihrer Gesundheitsversorgung, Sozialunterstützung oder ihrer Wiedereinreise nach einem Auslandsaufenthalt führen könnte.
Das erste Mal könnten diese Folgen im August 2023 eintreten, wenn die fünf Jahre der ersten bereits 2018 registrierten Personen ablaufen. Am Mittwoch urteilte Richter Peter Lane in London, dass die britische Regierung durch ihre Verordnung EU-Bürger:innen, die sich permanent im Vereinigten Königreich aufhalten wollen, unfaire Hürden in den Weg gestellt habe. Das Innenministerium unterliege einem rechtlichen Irrtum, denn EU-Bürger:innen könnten ihren Aufenthaltstitel eigentlich nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen verlieren, etwa wenn sie sich innerhalb der fünfjährigen Periode nicht durchgehend im Vereinigten Königreich aufgehalten haben.
Das britische Innenministerium gab an, es sei vom Urteil enttäuscht und beabsichtige, dagegen Berufung einzulegen. Das Verfahren für EU-Bürger:innen sei sogar über das absolut Notwendige hinaus gegangen. Man nehme die Absicherung der Rechte von EU-Bürger:innen im Vereinigten Königreich jedoch äußerst ernst, sagte Lord Simon Murray, ein Staatssekretär des Inneren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch