EU-Außengrenze in Estland: Grenzwertige Aktion bei Nacht
Ein Teil der estnisch-russischen Grenze verläuft im Fluss Narva. Jetzt haben russische Grenzschützer estnische Bojen entwendet.
Tatort: Der Fluss Narva. Hier verläuft ein Teil der Staatsgrenze zwischen Estland und Russland, die damit gleichzeitig EU-Außengrenze ist. Laut Außenministerium sollen russische Grenzschutzbeamte 25 von Estland installierte Bojen aus der Narva gestohlen haben.
Man betrachte das Geschehen als einen „provokativen Zwischenfall an der Grenze, der „gut in ein umfassenderes Muster provokativen Verhaltens Russlands passt – auch an seinen Grenzen zu seinen Nachbarn“, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.
Laut des Leiters der estnischen Polizei- und Grenzschutzabteilung Egert Belitšev, den das estnische Webportal Postimees zitiert, seien die Bojen installiert worden, damit den Menschen am Fluss klar sei, wo die Grenze verlaufe. Jetzt hätten die russischen Grenzschützer diese Demarkationslinie verletzt, dennoch sei niemand von estnischer Seite eingeschritten.
Plötzlich im Gefängnis
„Es ist nicht auszuschließen, dass die Bojen durch Wellen und Strömungen bewegt werden könnten, so dass durch unser Eingreifen irgendwann die Gefahr entstehen könnte, dass wir uns auf der Seite Russlands befinden. Wir können nicht riskieren, dass einer von uns plötzlich in einem russischen Gefängnis landet“, so Belitšev.
Der Leiter der Grenzabteilung der Ostpräfektur Estlands, Erik Purgel, erklärte, dass bis 2022 im Einvernehmen zwischen der estnischen und der russischen Seite jedes Frühjahr Bojen im Fluss verankert worden seien. Nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei die Zusammenarbeit jedoch eingestellt worden.
Auf der Grundlage eines 2022 abgeschlossenen bilateralen Staatsgrenzvertrages und einer Vereinbarung über den Einsatz von Bojen hätten estnische Grenzschutzbeamte beschlossen, im Alleingang Bojen zu verlegen. Die offizielle Begründung dafür habe gelautet, die Grenzlinie müsse markiert werden, um Fischern und Touristen zu helfen, nicht versehentlich russisches Territorium zu betreten.
Am 13. Mai dieses Jahres hatte Estland damit begonnen, die ersten 50 von insgesamt 250 Bojen zu installieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Moskau bereits zu Protokoll gegeben, mit den Plätzen von 125 Bogen nicht einverstanden zu sein.
Wie der Konflikt gelöst wird, ist unklar. „Wir haben gegenüber dem russischen Geschäftsträger klar zum Ausdruck gebracht, dass derartige Schritte provokativ und inakzeptabel sind und wir eine Erklärung für die Entfernung der Grenzbojen sowie ihre sofortige Rückgabe verlangen“, sagte der estnische Außenminister Margus Tsahkna nach dem Gespräch. Bislang gibt es von russischer Seite keine offizielle Reaktion zu diesem Vorfall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken