ES GIBT KEINE ECHTE OPPOSITION GEGEN DIE US-STRATEGIE AM GOLF: Nörgelei ist keine Kritik
Die Trommeln werden lauter: Saddam Hussein muss verschwinden. Denn ist der Diktator erst mal abgesetzt wird der Irak ein neues Land sein – ohne gefährliche Atomanlagen, ohne Verflechtungen zum Al-Qaida-Netzwerk. So spricht US-Präsident George W. Bush bereits im Tonfall des Siegers. Der Militärschlag als solcher scheint da nicht viel mehr zu sein als ein Spaziergang nach Bagdad.
Den Buschtrommler im Weißen Haus stört nicht, dass er mit seinen Trommelschlägen die engsten Verbündeten in Europa vor den Kopf stößt, die eigenen Militärs zur Weißglut treibt und die wenigen moderaten Regierungen in der islamischen Welt gegen Amerika aufbringt. Dabei hat der US-Präsident bisher noch keinen einzigen Beweis dafür vorgelegt, dass es zwischen al-Qaida und dem Irak eine Komplizenschaft gibt. Er kann weder beweisen, dass Saddam Hussein einen Angriff auf die USA vorbereitet, noch auf einen ihrer Allierten oder Nachbarn. Selbst eine Erklärung, warum Krieg das einzige Mittel sei, um die „Achse des Bösen“ zu zerbrechen, blieb Bush bislang schuldig. Von der Frage, warum jetzt zuerst der Irak und erst dann die anderen Schurkenstaaten Iran und Nordkorea dran sein sollen, ganz zu schweigen.
Dabei gibt es durchaus andere Meinungen. Hochrangige US-Militärs bezweifeln, dass der Waffengang Erfolg haben wird. Europäische Politiker kritisieren das Gebaren der USA als Weltpolizei. In den arabischen Staaten formiert sich Unmut. Kritik ist das nicht, schon gar keine konstruktive. Eher schon ließe sich das Gemurmel auf dem diplomatischen Paket als Nörgelei beschreiben.
Die Bundesregierung macht da keine Ausnahme. Zwar fordert Deutschland lautstark einen ständigen Sitz im UN-Weltsicherheitsrat – aber es steht auch schon fest, dass damit lediglich die eigene Position in der Weltorganisation gefestigt werden soll. Eine Plattform für Kritik am großen Bruder wird ein deutscher Sitz nicht werden, eine gemeinsame Politik – etwa mit Frankreich und Großbritanien – ist nicht einmal in in weiter Ferne in Sicht. Im Gegenteil: Die weitere Aushöhlung der UNO als höchste Regulierungsinstanz für Konflikte wo auch immer auf der weiten Welt ist längst beschlossene Sache. Daran haben alle mitgewirkt, nicht nur die USA. Wenn die Deutschen jetzt in der UNO aufstehen und sich laut und klar für moderne Formen der Konfliktverhinderung einsetzen würden – dann wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die Mehrheit der UN-Mitglieder in der Bundesrepublik einen vertrauenwürdigen Partner sehen würden. Dann würde es auch Sinn machen, sich für einen deutschen Sitz im Weltsicherheitsrat stark zu machen. So aber ist dieser Sitz im Interesse des Friedens nur eins: irrelevant. ROLAND HOFWILER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen