ENERGIEKONZERN LÄSST SALAMANDER HÄNGEN: Lurchi zieht’s die Schuhe aus
Der Schuhhersteller Salamander mit seinem Wappentier Lurchi ist eigentlich ein Fall für den Tierschutz: Seit Jahren wird die schwäbische Firma gequält, und niemand schreitet ein. Als das Unternehmen vor einigen Jahren verkauft werden sollte, bemühte sich der damalige schwäbische Vorstandschef um eine schwäbische Lösung. Schließlich kam der Stromkonzern Energie Baden-Württemberg EnBW zum Zuge. Nicht etwa, weil die EnBWler ungbedingt neue Sicherheitsschuhe für ihre Atomarbeiter brauchten, sondern weil Geld übrig war und Salamander eine schon damals schwunghafte Industrie-Dienstleistungssparte mitbrachte. Seitdem sitzt Lurchi im zu engen Käfig.
Nun ist es von Haus aus nicht leicht, sich mit einer hundertjährigen deutschen Traditionsfirma gegen die Angriffe der modernen Welt zu wehren. Von der einen Seite knabbern Nike, Rebook oder adidas am Umsatz – mit all ihren Imagekampagnen, weltweiter Logistik und internationalen Stars haben sie bei Turnschuh-Jugendlichen mehr Chancen als die über 60 Jahre alte Comicfigur von Salamander, der Lurchi. Von der anderen Seite konkurrieren große Schuhketten, die ihre Produkte überwiegend aus asiatischer Billigproduktion beziehen und so kurzlebige, aber billige Schuhe gegen die relativ teuren Treter von Salamander setzen.
Das heißt nicht, dass kein Platz mehr für gute Geschäfte in der Schuhbranche wäre. Ein US-Hersteller von Baumaschinen, Caterpillar, hat zum Beispiel seinen erdigen Markennamen mit einer völlig neuen Schuhmarke in guten Profit umgesetzt. Doch vom Management in Kornwestheim kam in dieser Beziehung nicht viel. Und die Muttergesellschaft EnBW, die in solchen Fällen hätte eingreifen müssen, hat die ungeliebte Ledertochter einfach hängen lassen: Sie wurde weder zügig und mitsamt der Markenrechte an einen anderen Schuhkonzern verkauft, noch mit der richtigen Geldsumme und dem richtigen Managementschwung ausgerüstet. Wenn der arme Lurchi nicht schnellstens von dieser Streckbank genommen wird, dann bleibt nur der Gnadenschuss. Und das wäre doch schade. REINER METZGER
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