Nur noch langweilige Schland-Fans, mittelbegeisterte Franzosen und austauschbare Portugiesen: Mit Wales gehen die letzten sympathischen Fans.
Bleibt doch noch auf ein Bier, y'all
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Es gibt wenig Gutes an einer Europameisterschaft mit 24 Teilnehmern. Die Vorrundenspiele waren so spannend wie Mondlandschaften, Finalteilnehmer Portugal gurkte sich mit drei Unentschieden ins Achtelfinale, die Türkei und Albanien schieden trotz Siegen mit dem schlechteren Torverhältnis vor dem TV-Gerät aus. Danke für nichts, Michel Platini.
Obwohl: Ein kleines Dankeschön trotzdem. Vielleicht nicht gerade an Michel Platini. Auf jeden Fall aber an die Fans der Länder, die bei diesem Turnier seit Ewigkeiten oder das erste Mal überhaupt zu einer EM fahren konnten und das angemessen feierten: Irland, Nordirland, Island – und natürlich Wales.
Denn ein Gutes hatte der neue Modus: Wunder sind fest eingeplant, wenn nur acht Teams nach der Gruppenphase ausscheiden. Für kleine Teams war es nie so einfach, weit zu kommen. Und abgesehen von Drei-Schluchten-Damm-artigen Zementmassen für das Spielfeld brachten die kleinen Teams ihre Fans mit nach Frankreich, die im Grunde das einzig sehenswerte in der Vorrunde waren.
Während sich reaktionäre Fans der großen Länder entweder zurück in die Achtziger prügelten oder Reichskriegsflaggen hissten und im Moment des Triumphes wahlweise „Scheiß Italien“ oder „Italia, Italia, vaffanculo“ skandierten (looking at you, Fanclub Nationalmannschaft powered by Koka-Zuckerwasser), feierten die kleinen Nationen ein paar schöne freie Tage und den Fußball.
„Don't be afraid to have dreams“
Unvergessen die irischen Fans, die mit einem fast geflüsterten 20-Personen-Lullaby ein Kind in einem Zug in Bordeaux in den Schlaf sangen. Nordirlands Will Grigg ist vermutlich der meist gefeierte Spieler der EM-Geschichte ohne jemals gespielt zu haben. Aus Island reisten gleich wirtschaftsschädigende zehn Prozent der Bevölkerung nach Frankreich, um gegnerische Mannschaften mit einem vermeintlichen Wikinger-Schlachtruf (Uh!) einzuschüchtern.
EMtaz: Und raus bist du!
Die Ästhetik des Scheiterns: Antoine Griezmann nach dem Finale. Was für ein grandioses Turnier für Frankreich.
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Raus im Halbfinale. Der Weltmeister auf dem Niveau von Wales. Aber: Vorher gegen Italien gewonnen, starkes Achtelfinale gegen die Slowakei. Gruppenphase ganz okay. Gutes Turnier, trotz alledem.
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Wir zitieren an dieser Stelle aus Gründen einfach mal den Fan-Chant der Waliser: "Don't take me home, please don't take me home. I just don't wanna go to work, I wanna stay here and drink all ya beer! Please don't, please don't take me home!" Schön, dass ihr da wart und so lange geblieben seid. Danke.
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Raus mit ganz viel Applaus und einem letzten UH! Kolbeinn Sigthorsson und Island sind nach Wales das größte Überraschungsteam dieser Euro. Nach dem 2:5 im Viertelfinale gegen Gastgeber Frankreich geht's zurück auf die Insel.
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Flogen nach endlosem Elfmeterschießen gegen Deutschland im Viertelfinale raus: die Italiener. Als Gianluigi Buffons Tränen nach dem verwandelten Elfer von Jonas Hector auf der Videowand im Stadion gezeigt wurden, gab es Szenenapplaus. Schnüff.
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Im Viertelfinale gegen Wales traf Belgiens Radja Nainggolan zum 0:1. Reicht sicher, dachten sich die Belgier daraufhin und hauten die Handbremse rein. Das ging gehörig schief, Wales' Kicker Williams, Robson-Kanu und Vokes drehten den Spieß um, 3:1 für die Dragons! Nainggolan und Co. packten die Koffer.
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Endstation im Elfmeterschießen: Was bei den Polen im Achtelfinale noch gut klappte, wurde ihnen im Viertelfinale zum Verhängnis. Mit 3:5 unterlag die Mannschaft von Trainer Adam Nawalka Portugal. Die Tore in der regulären Spielzeit hatten Lewandowski und Sanches erzielt. Vom Punkt verfehlte nur Jakub Blaszczykowski (2. v.r.).
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Hat Spaniens Trainer Vicente del Bosque den Achtelfinalgegner Italien unterschätzt? Mit 0:2 schied Spanien aus, wenig souverän wirkte der Titelverteidiger dabei. Sechs Punkte in Gruppe D, die Schwächen des Teams waren schon bei der Gruppenniederlage gegen Kroatien sichtbar.
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Wieder nur das Achtelfinale erreicht: Mit 1:2 nach 1:0-Führung schied England aus – gegen Island. Vor dem Turnier hochgelobt, erwies sich England in der Vorrunde in Gruppe B als spielstarkes Team, das aber aus vielen Torchancen zu wenig zu machen wusste.
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Applaus trotz Aus: Ungarn hatte beim 0:4 im Achtelfinale gegen Belgien keine Chance. Trotzdem war das Turnier für die Mannschaft ein großer Erfolg. In ihrer Gruppe ließen sie Portugal, Österreich und Island hinter sich. Besonders beim 3:3 gegen Portugal hat das Team um Coach Bernd Storck alle Fans mitgerissen.
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Mit Kind und Kegel heim fuhr die Slowakei nach dem 0:3 im Achtelfinale gegen Deutschland. Die Löw-Elf hatte das Team um Marek Hamsik im Griff, da half auch der furchteinflößende Blick von Kapitän Martin Skrtel nix. Zuvor ein starker Auftritt in Gruppe B, Sieg gegen Russland, vier Punkte, Platz 3.
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Bittere Tränen weinte Irlands Torwartkoloss Darren Randolph nach dem verlorenen Achtelfinale gegen Frankreich. Dabei hat sich sein Team nix vorzuwerfen: Kämpferisch in allen Spielen top, fehlte dem Tabellendritten der Gruppe E letztlich einfach die spielerische Qualität. Die lautstarken und fairen irischen Fans werden dem Turnier fehlen.
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Unsanft gelandet ist Kroatien im Achtelfinale gegen Portugal. Gegen Spanien überzeugten die Kroaten noch spielerisch, galten als Erster der Gruppe D als Titel-Mitfavorit und dann das: Gegen die Defensivtaktik von Fernando Santos fanden sie kein Mittel, der Trainer stellte sein Team falsch auf, ein und um. Kroatien blieb ein Versprechen.
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Schluss im Achtelfinale war auch für Nordirland. Dabei zeigte der Underdog im Inselduell gegen Wales, dass er auch offensiv spielen kann – nur ein Eigentor verhinderte ein noch größeres Wunder. Größtes Verdienst: die inoffizielle EM-Hymne "Will Grigg's on fire". In Gruppe C mit 2:2 Toren und drei Punkten als Tabellendritter weitergekommen.
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Upsi – das Achtelfinal-Aus der Schweiz war ein Unglückliches. Granit Xhaka verschoss seinen Elfmeter gegen Polen. Dabei war das Spiel gegen Polen das ansehnlichste Schweiz-Spiel. Shakiris Fallrückzieher aus 16 Metern ist das bislang schönste Tor des Turniers. Zuvor 2:1 Tore, fünf Punkte, Zweiter in Gruppe A.
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Aus dem Fernsehen erfahren, dass man raus ist: Albanien. Gruppe A, 1:3 Tore, drei Punkte. Der Eindruck täuscht ein wenig. Für Albanien war bereits die Qualifikation ein Erfolg, der Sieg gegen Rumänien die Kirsche auf der Torte. Ganz fürs Achtelfinale gereicht hat es nicht. Dafür hätte etwas mehr kommen müssen als ein Tor.
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Türkei, Gruppe D: 2:4 Tore, drei Punkte. Wie Albanien schaffte es auch die Türkei nicht unter die vier besten Gruppendritten. Trainer Fatih Terim war frustriert. Dabei hat er seine Spieler häufig auf den falschen Positionen aufgestellt. Nur gegen Tschechien konnte die Türkei durchgehend überzeugen. Zu wenig.
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Österreich, Gruppe F: 1:4 Tore, ein Punkt. Die erweiterte Bundesligaauswahl versteckte sich besonders im Angriff zu oft. Torwart Robert Almer war der Held gegen Portugal, Tore schießen konnte er allerdings auch nicht. Österreich blieb eine einzige Enttäuschung.
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Schweden, Gruppe E: 1:3 Tore, ein Punkt. Die Nationalmannschaftskarriere des großen Zlatan Ibrahimovic hat kein Happy End. Zu häufig war er in der Offensive auf sich allein gestellt. Sinnbildlich: Das einzige schwedische Tor war ein Eigentor der Iren. Vorlagengeber: Ibrahimovic, natürlich. Mach's gut, Zlatan.
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Tschechien, Gruppe D: 2:5 Tore, ein Punkt. Definitiv zu wenig. Große Comeback-Qualitäten nach einem 0.2-Rückstand gegen Kroatien. Das war's dann aber auch.
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Gruppe C, Ukraine: 0:5 Tore, null Punkte. Spielerisch besser, aber vom Ergebnis her schlechter als Russland. Au weia.
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Schnell raus waren die Russen in Gruppe B: Zwei Tore geschossen, aber sechs kassiert, nur ein Punkt in der Vorrunde. Fünf gute Minuten gegen England, darauf lässt sich für die WM 2018 in Russland aufbauen.
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Waren als Erste weg, die Rumänen. Kein schlechtes Eröffnungsspiel gegen Frankreich, aber dann: Nur ein Tor geschossen, einen Punkt geholt (gegen die Schweiz) und im entscheidenden Spiel um Platz 3 in der Gruppe A gegen Albanien verloren.
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Als einige deutsche Fans im Spiel gegen die Slowakei kurz das nordirische „Will Grigg's on fire“ anstimmten, übertönte der Rest des Blocks kurz darauf die Abweichler mit dem Deutschland-Lied. Sogar im Moment des 3:0-Sieges will „La Mannschaft“ mit aller Ernsthaftigkeit und gebotener Disziplin angefeuert werden. Das erklärte Ziel beim Fanclub Nationalmannschaft ist dabei die Weltmacht. Der deutsche Block skandiert gerne: „Die Nummer eins der Welt sind wir.“ Und natürlich das ekelhafte „Sieg“ in den Schlussminuten. Schwarz-rot-goldene Pickelhauben komplettieren das Bild.
Im Vergleich dazu wirken die Fans von Wales unprätentiös und gut gelaunt. Ernst machten die Waliser nur auf dem Fußballfeld. Zum Beispiel als sie die pickligen Jungmillionäre aus Belgiens goldener Generation im Viertelfinale mit einem verdienten 3:1-Sieg nach Hause schickten. Die Vorrunde beendete Wales gar als Gruppenerster. Dabei half neben den Top-Spielern Gareth Bale und Aaron Ramsey, dem taktischen Konzept von Trainer Chris „Don't be afraid to have dreams“ Coleman vor allem der bedingungslose Support der walisischen Fans.
Nichts bringt das so gut auf den Punkt, wie der Text einer der walisischen EM-Hymnen: „Don't take me home, please don't take me home. I just don't wanna go to work, I wanna stay here and drink all ya beer! Please don't, please don't take me home!“ Please don't go, möchte man antworten. Leider schied Wales, das passablen Fußball mit Herz spielte, gegen das rehaklische Portugal mit einem überragenden Cristiano Charisteas (CC7) im Halbfinale aus. Nach der Niederlage sangen die walisischen Fans trotzdem weiter. Und die Nacht danach. Und wenn sie noch geblieben sind, dann singen sie noch heute.
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Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium in Potsdam. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
"Während sich reaktionäre Fans der großen Länder entweder zurück in die Achtziger prügelten oder Reichskriegsflaggen hissten und im Moment des Triumphes wahlweise „Scheiß Italien“ oder „Italia, Italia, vaffanculo“ skandierten (looking at you, Fanclub Nationalmannschaft powered by Koka-Zuckerwasser), feierten die kleinen Nationen ein paar schöne freie Tage und den Fußball."
So sieht es aus...danke, Herr Joswig! Viel wird hier stets (zurecht) von der "großartigen Stimmung" erzählt, die - in diesem Fall - die Fans etwa von Wales, Irland, Island und Nordirland verbreiten, selbst jedoch ist man oft nur an der Verunglimpfung der anderen interessiert. Klar, auch das gehört irgendwie dazu, jedoch hat man gerade bei Schland-Fans des öfteren das Gefühl, dies wäre die einzige Gesangs-Fähigkeit...kein Wunder, dass man in geradezu minderwertigkeitskomplexer Art und Weise auf sympathische Fans verweist...sowas wie etwa vor dem Spiel Frankreich - Island, als zusammen gefeiert und ge"huuut" wurde und dieser beeindruckende "Wikinger"-Laut (der selbst Fußballverächter Max Moor eine längere Erwähnung in ttt wert war) nun von den Franzosen quasi übernommen wurde: DAS ist EM. Das deutsche Geplärre heben wir uns doch lieber auf für, sagen wir, wenn wieder BVB gegen S04 ansteht...oder SGE gegen D98...oder so...
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