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E-Auto-Absatz steigt, aber nicht genugHerstellern drohen Milliardenstrafen

Um die Flottengrenzwerte zu senken, müssten die europäischen Automobilhersteller deutlich mehr Stromer verkaufen. Nun wollen sie weniger Regulierung.

Es gibt sie, die Ladesäule, aber noch ist die Struktur für Elektroautos längst nicht gut genug Foto: dpa/Jan Woitas

Frankfurt rtr | Der europäische Autobauerverband ACEA erwartet milliardenhohe Bußgelder für seine Mitglieder, weil diese die von der EU vorgegebenen Flottengrenzwerte für die CO2-Emissionen nicht einhalten werden. Denn sie verkaufen zu wenig Elektroautos, mit denen sie den hohen Klimagasausstoß ihrer großen Verbrennermodelle kompensieren könnten. Es drohten Strafen bis zu 16 Milliarden Euro, behauptete ACEA-Geschäftsführerin Sigrid de Vries. Das Geld fehle dann für Investitionen in ebenjene Elektromobilität. Kritiker sprechen von hausgemachten Problemen.

Im Januar waren die Neuzulassungen nach Angaben des Verbands um ein Drittel auf gut 124.000 E-Autos gestiegen. Der Marktanteil verbesserte sich gegenüber dem schwachen Vorjahresmonat um drei Prozentpunkte auf 15 Prozent. Notwendig wären aber 25 Prozent, erklärte de Vries. „Wir sind weit vom Weg zur Akzeptanz am Massenmarkt entfernt, die notwendig ist.“

Tatsächlich dürften die Hersteller so das Limit von 93,6 Gramm CO2-Ausstoß im Flottendurchschnitt für Pkw überschreiten. Für sie sei es aber keine Option, weniger Verbrennerautos zu verkaufen oder den E-Absatz mit Preissenkungen anzukurbeln, so de Vries. Beides würde zu Verlusten führen.

ACEA wirbt deshalb bei der EU-Kommission dafür, mehr Zeit zum Erfüllen der Ziele zu bekommen, wenn die Kommission am 5. März einen Aktionsplan zur Stärkung der Autoindustrie vorlegt. Die EU ist dazu bereits in einem sogenannten Strategiedialog mit der Industrie.

Wenig marktgerechtes Angebot

Andere Interessengruppen warnten die EU allerdings davor, Ziele zu lockern oder beim Bußgeld nachzugeben. So etwa der Verband E-Mobility Europe: Ihm gehören E-Auto-Hersteller wie Tesla oder Nio sowie Dienstleister rund um E-Mobilität an. Zusammen mit dem Ladenetzbetreiber-Verband ChargeUp erklärte die Organisation, die vom ACEA genannten Bußgelder seien viel zu hoch gegriffen. Nach ihrer Schätzung würden diese lediglich 2 bis 3 Milliarden Euro betragen, der ACEA male die Lage also unnötig schwarz.

Kritiker werfen der europäischen und vor allem deutschen Autoindustrie schon lange vor, zu große und teure Modelle herzustellen. Dabei zeigten die chinesischen Hersteller, dass es auch klein und deutlich billiger gehe. Außerdem werde zu wenig in Ladeinfrastruktur investiert.

Im Januar wurden insgesamt 2,6 Prozent weniger Neuwagen zugelassen als ein Jahr zuvor. In den großen Märkten Deutschland, Frankreich und Italien habe es Rückgänge gegeben, während die Zulassungen etwa in Spanien gestiegen seien, erklärte ACEA. In allen großen Märkten seien dabei weniger Verbrenner mit Benzin- oder Dieselmotor zugelassen worden. Ihr Marktanteil schrumpfte auf 39,4 von 48,7 Prozent, während Hybrid-Pkw mit 34,9 Prozent nicht mehr weit unter den Autos mit rein fossilen Antrieben lagen.

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6 Kommentare

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  • Hersteller für das Kaufverhalten von ihren Kunden zu bestrafen ist eine echte EU Idee aus dem Keller der Bürokratieeuphoriker.

  • Die eigene Industrie kann man nur schützen wenn die eigene Industrie sich nicht darauf verlässt, geschützt zu werden. Sonst wird das Ganze ein Subventionsfass ohne Boden und zusätzlich innovationsfeindlich. Insofern einfach mal die Forderung zurückspielen: Was haben die Hersteller denn aus ihrer Sicht versäumt - und wie wollen sie ihr Versäumnis bis wann wieder ausgleichen? Wenn das zufriedenstellend geklärt ist, können wir ihnen gerne noch eine Gnadenfrist einräumen.

  • Das die chinesischen Hersteller billiger produzieren können, als wir in Europa, sollte nicht wirklich verwundern. Dazu kommen direkte Subventionen der chin. Regierung an ihre Hersteller. Logisch, dass die Preise dann niedriger sind.



    Renault stellt vor allem kleine eAutos her. Trotzdem lahmt auch da der Absatz. Es kann also nicht nur daran liegen, dass die deutschen Autos zu groß sind. Auch an der Ladeinfrastruktur liegt es meiner Meinung nach nicht. Ich fahre selbst hybrid und hatte noch nie wirklich ein Problem, zu laden. Und ich lade nur öffentlich.



    Das Problem ist die noch fehlende Akzeptanz beim Kunden, da die ganze Sache eben teuer ist. Auch ist Strom, der an öffentlichen Stationen geladen wird, nicht günstiger als Benzin. Zumindest im Moment. Hier muss etwas getan werden, auch seitens des Staates.

  • Ein großes Problem stellt nach wie vor das laden unterwegs dar. Ich habe ein E-Auto, Erstzulassung 2020, mit Steckertyp 2. Nun haben sie den CCS Steckertyp zur Norm erklärt. An Autobahnen konnte ich fast nichts anderes mehr finden. Das heißt dass ich von der Autobahn runter fahren muss und manchmal stundenlang herumkurve auf der Suche nach meinem Steckertyp. Rügen Wendland: 10 Stunden unterwegs. Yeah! Solche Erfahrungen machen Elekrtoautos nicht gerade beliebt. Ich fühle mich verarscht. Die Herstellung eines E-Autos verbraucht sehr viel CO2. Eigentlich muss man es länger als 8 Jahre fahren, damit es überhaupt eine gute Bilanz hat. Nun wurde mir von der Verbraucherzentrale mitgeteilt, dass sie mein Problem nicht lösen können, da CCSS die neue Norm ist. Mit anderen Worten ich soll mein Auto verschrotten?

    • @Nadja Hula:

      Und da gibt es niemand, der dafür einen Adapter anbietet?

    • @Nadja Hula:

      Jetzt bringen Sie aber einiges durcheinander! Typ 2 ist AC, also Wechselstrom. Haben eigentlich alle BEV serienmäßig verbaut. Findet man auch an fast allen Ladesäulen (auch an der Autobahn). Man kann damit mit max 22 kW laden (unser BEV kann z.B. sogar nur ca. 4kW damit laden).



      Das ist sehr langsam.



      CCS ist Gleichstrom mit 50kW bis ca. 300 kW Ladeleistung. Wenn Ihr Auto keine Lademöglichkeit für CCS hat, liegt das nicht am geänderten "Standard". Da wurde dann eben an der falschen Stelle gespart (durch den/die KundIn oder eben seitens des Herstellers)



      Daneben gibt es noch CHAdeMO, ebenfalls Gleichstrom, und tatsächlich immer weniger verbreitet, aber auch hier noch recht viel Angebot. Also bitte die Kirche im Dorf lassen und keine Falschbehauptungen aufstellen!