Durchsuchungen bei Greenpeace: Der Wirbel hat auch was Gutes
Wegen einer Farbaktion am Großen Stern wird gegen Greenpeace ermittelt. Das könnte den Umweltschützern sogar nutzen. Ein Wochenkommentar.
Die Sonne auf dem Asphalt sah von oben toll aus: Um ein Zeichen zu setzen für die Energiewende, hatte Greenpeace im Juni am Großen Stern mehrere tausend Liter gelbe Farbe auf die Straße gekippt, die Autos verteilten sie strahlenförmig in alle Richtungen. Wegen dieser Aktion wurden am Mittwoch bundesweit 29 Durchsuchungsbefehle vollstreckt, teils in Büroräumen, teils in Privatwohnungen. Der Vorwurf: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Laut der Staatsanwaltschaft gab es wegen der Farbe zwei Kfz-Unfälle mit Sachschaden, ein Motorradfahrer und eine Radfahrerin seien zudem gestürzt.
Juristisch mag an den Durchsuchungen, mit denen die Namen weiterer Beteiligter ermittelt werden sollten, nichts auszusetzen sein. Unverhältnismäßig wirken sie trotzdem: Niemand wurde bei der Farbaktion ernsthaft verletzt, der Schaden hielt sich in Grenzen. Warum dann dieser Aufriss?
Greenpeace-Vertreter mutmaßen, es gehe um Einschüchterung. Um gleich hinterherzuschicken, die Umweltorganisation werde sich nicht von ihrem Engagement abhalten lassen.
Die Empörung ist nachvollziehbar. Letzten Endes könnte Greenpeace der ganze Wirbel aber nutzen: Wenn sich die Umweltschützer mit den Behörden anlegen, die eine gemalte Sonne zur bösen Straftat erklären, werden sich viele Menschen mit ihnen solidarisieren. Auch die Spendenbereitschaft dürfte das Ganze erhöhen. Der Konflikt ist hilfreich fürs Image: Die professionelle Organisation kommt so mal wieder ein bisschen Robin-Hood-mäßig daher.
Ein ganz anderer Aspekt der Aktion am Großen Stern hätte Greenpeace wirklich schaden können. Zunächst hatte die Berliner Staatsanwaltschaft auch wegen des Vorwurfs der Gewässerverunreinigung ermittelt, das Gelb lief schließlich über die Kanäle bis in die Spree. Die Beamten schickten eine Farbprobe zur Prüfung ins Labor, sie erwies sich laut Staatsanwaltschaft als unbedenklich. Die Aktivisten dürften aufgeatmet haben, als diese Info kam. „Umweltschützer verschmutzen die Umwelt“: Erst diese Schlagzeile wäre für Greenpeace ein echtes Problem gewesen.
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