Druck auf Ukraine vor der EM: Harsche Kritik von Medwedjew
Der russische Präsident moniert den Umgang der Ukraine mit Julia Timoschenko. Bei verbündeten Ländern ist Medwedjew jedoch nicht so zimperlich.
MOSKAU taz | Der scheidende russische Präsident Dmitri Medwedjew hat am Wochenende in ungewöhnlich scharfer Form den Umgang der Ukraine mit der seit vergangenem Herbst inhaftierten früheren Regierungschefin Julia Timoschenko kritisiert. Die Verfolgung politischer Gegner sei „völlig inakzeptabel“, sagte der Kremlchef. Dies werfe nicht nur einen Schatten auf die Ukraine, sondern auch auf jene, die solche Entscheidungen träfen.
Medwedjew war auf einer Sitzung des präsidialen „Rates zur Entwicklung von Zivilgesellschaft und Menschenrechten“ von russischen Menschenrechtlern auf die Situation im Nachbarstaat angesprochen worden. Die Bürgerrechtler monierten, dass das russische Außenministerium nur in Ländern Rechtsverletzungen anprangere, die ihrerseits auf Missstände in Russland hinwiesen.
Menschenrechtsvergehen in verbündeten Staaten würde Moskau nicht nur nicht zur Kenntnis nehmen, seine Diplomaten blockierten darüber hinaus auch die Kritik internationaler Organisationen an der Lage in befreundeten Ländern. Damit war Russlands Vetopolitik im Konflikt um Syrien in der UN und dessen Zurückhaltung gegenüber dem weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko gemeint.
Medwedjew wies die Vorwürfe mit dem Hinweis zurück, dass die Außenbehörde gerade in letzter Zeit „sehr scharfe Stellungnahmen“ zur Menschenrechtslage bei den Nachbarn des „nahen Auslands“ abgegeben hätte. Davon zeugten nicht zuletzt auch die empfindlichen Reaktionen aus Kiew und Minsk.
Politische Gegner auf der Anklagebank wirken befremdlich
Harte Bandagen seinen in der politischen Auseinandersetzung nichts Ungewöhnliches, so Medwedjew. Wenn sich nach einem politischen Kampf die Gegner auf der Anklagebank wiederfänden, riefe dies jedoch „Befremden“ hervor –„selbst vor dem Hintergrund unserer reichen totalitären Traditionen“.
Medwedjew beherrscht den demokratischen Diskurs famos. Den Erwartungen eines liberalen Hoffnungsträgers wurde er jedoch nicht gerecht. Allerdings äußerte Moskau bereits im Vorfeld Kritik am Fall Timoschenko. Die Ex-Regierungschefin war wegen vermeintlich nachteiliger Gasverträge mit Russland zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Kreml vermutet, Kiew wolle dadurch eine Neuverhandlung der Verträge erzwingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass