Drohungen gegen Politiker: Petra Pau fordert Schutz
Mordfantasien im Netz und Demonstrationen vor der Privatwohnungen: Politiker, die sich für Flüchtlinge einsetzen, sehen sich immer stärker bedroht.
BERLIN dpa | Nach Morddrohungen und einer Hass-Demonstration vor ihrem Wohnhaus hat Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau mehr Schutz für die Privatsphäre von Politikern gefordert. „Gegen meine Politik kann jeder vor meinem Büro demonstrieren, aber an der Wohnungstür ist Schluss“, sagte die Linken-Politikerin der Zeitung Bild am Sonntag.
„Jeder Politiker hat wie jeder Bürger Anspruch auf den Schutz seiner Privatsphäre. Diesen muss der Staat gewährleisten – ob in Tröglitz, Berlin oder anderswo.“ Weil sie sich in ihrem Berliner Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf für die Unterbringung von Flüchtlingen einsetzt, erhält Pau demnach seit Monaten Morddrohungen.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, sagte, er habe für Paus Appell durchaus Verständnis. „Wenn Politiker in ihrem privaten Umfeld bedroht sind, dann ist aus meiner Sicht auch der Einsatz von Polizeikräften angesagt.“ Er hoffe, dass es bei Einzelfällen bleibe, sagte der CSU-Politiker. Doch müssten auch diese verfolgt und geahndet werden. In konkreten Verdachtsfällen könne Personenschutz erforderlich sein. Das müsse aber die Ausnahmen sein. „Wenn man bedroht wird, nur weil man sich für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzt, dann ist das ein alarmierendes Zeichen für unsere Demokratie“, sagte Mayer.
Vor zwei Wochen marschierten rund 100 Demonstranten an Paus Haus vorbei und riefen minutenlang rassistische Parolen. „Es war gespenstisch“, sagt Pau, die zu Hause war. Die Polizeipressestelle begründete die Genehmigung mit der Versammlungsfreiheit: „Uns lagen keine Hinweise für Unfriedlichkeiten vor.“
Drohungen via Facebook
Sie habe mehrere Morddrohungen erhalten, die meisten aus dem Umfeld der „Bürgerbewegung Marzahn“, die gegen Flüchtlinge demonstriert und in der NPD-Politiker aktiv sind, berichtete Pau. Einmal wurde ihr via Facebook gedroht, man werde sie „aufknüpfen“. Ein anderes Mal sei ihre Privatadresse veröffentlicht worden, und die Demonstranten marschierten an ihrem Wohnhaus auf. Dann kam die nächste Drohung via Twitter: „Sollen wir nächste Woche noch mal bei Ihnen vorbei?“
Erst vor wenigen Tagen war in Tröglitz in Sachsen-Anhalt der ehrenamtliche Ortsbürgermeister Markus Nierth (parteilos) zurückgetreten, weil Rechtsextremisten vor seinem Wohnhaus demonstrieren wollten und er sich und seine Familie nicht genug geschützt sah. Angereiste Rechte hatten seit Wochen gegen die geplante Aufnahme von 40 Asylbewerbern demonstriert. Das Landesinnenministerium empfahl inzwischen, Demonstrationen vor Wohnhäusern von Ehrenamtlern unter Umständen zu beschränken.
Auch Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) erhielt Morddrohungen - in anonymen Briefen mit Hakenkreuzen und SS-Runen. Doch einschüchtern lassen will sich der 59-Jährige, der am Sonntag zur Wiederwahl stand, nicht. Zuletzt wurde Trümper von Leibwächtern der Polizei begleitet.
Proteste vor Wohnhäusern von Bürgermeistern dürften nicht zugelassen werden, sagt er. „Das muss man verbieten.“ Schließlich sei das Rathaus als Ort für Demonstrationen genug. Bund und Land seien gefordert, das zu regeln.
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