Drogeriekette dm denkt um: Biolabel startet im April
Neue Produkte einer eigenen Ökomarke sollen in die Filialen kommen – keine gute Nachricht für die bisherige Hauslinie Alnatura.
BERLIN taz | Der Karlsruher Drogerieriese dm bietet in Kürze seine neue Bio-Linie an. „Wir gehen davon aus, dass wir noch im April die ersten Produkte der neuen Bio-Eigenmarke anbieten können“, bestätigt Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, der taz. Laut Branchenmagazin Lebensmittelzeitung bietet der deutsche Drogerie-Marktführer zunächst 150 verschiedene Produkte an. Angeblich sind insgesamt bis zu 1.000 Artikel geplant.
Besonders bei Bio-Lebensmitteln wollen die Karlsruher mit ihren rund 3.000 Filialen europaweit künftig stärker mitmischen. Wie Harsch mitteilte, solle Gesundheit bei der Drogerie-Eigenmarke hervorgehoben werden, und das „auch durch glutenfreie und vegane Produkte, die immer stärker nachgefragt werden.“
Die Nachricht, dass dm eine eigene Ökomarke einführt, hatte im November für Wirbel gesorgt: Für die langjährige Hausmarke Alnatura bedeutet das harte Konkurrenz. dm ist einer der wichtigsten Abnehmer des Unternehmens aus dem hessischen Bickenbach, die Filialen führen hunderte Alnatura-Produkte.
Bislang erfolgreich: Im Geschäftsjahr 2013/14 kletterte der Umsatz von Alnatura um 16 Prozent auf 689 Millionen Euro. Ein Großteil davon dürfte aus den dm-Standorten kommen.
Alte Partnerschaft
Zwischen den Firmen gibt es – noch – eine enge Partnerschaft. Alnatura–Chef Götz Rehn hat die Marke vor 30 Jahren gegründet – und wurde dazu von dm-Gründer Götz Werner ermutigt, der die Produkte in sein Sortiment aufnahm. Beide sind überzeugte Anthroposophen und sollen sich nicht nur geschäftlich, sondern auch privat nahestehen.
Branchenkenner vermuten nun einen Knacks in der Geschäftsbeziehung zu Alnatura. Dort sei man „erheblich irritiert“, hieß es in der Lebensmittelzeitung. Wohl auch, weil dm für die neuen Produkte ausgerechnet mit Alnatura-Lieferanten verhandelt. Geschäftsführer Harsch verteidigte dies im November in der taz: Der Kreis verlässlicher Produzenten sei überschaubar sei, deshalb liege „es nahe, dass wir mit Herstellern ins Gespräch kommen, die auch Alnatura beliefern.“
Offiziel ist Alnatura betont gelassen. „Selbstverständlich wird es auch weiterhin Alnatura-Produkte bei dm geben“, bekräftigt Sprecherin Stefanie Neumann. „Es ist ja mittlerweile recht häufig, dass der konventionelle Handel zusätzliche Eigenmarken einführt.“ Auch „an der vertrauensvollen, langjährigen Zusammenarbeit mit unseren Herstellerpartnern“ werde sich durch die neue dm-Marke nichts ändern. „Wir sind sehr an einer weiteren Zusammenarbeit mit Alnatura interessiert“, betont demonstrativ auch dm-Geschäftsführer Harsch. Allerdings gebe es „zur Zeit unterschiedliche Auffassungen in einigen Bereichen“. Das klingt nach heftigem Krach.
Überraschender Abgang eines Geschäftsführungsmitglieds
Die Branche spekuliert derweil über den überraschenden Abgang eines Alnatura-Geschäftsführungsmitglieds: Wulf Kristian Bauer verlässt das Bio-Unternehmen „aus privaten Gründen“, wie Sprecherin Neumann bestätigte. Eine unerwartete Nachricht, galt Bauer doch als „Kronprinz“ von Firmenchef Rehn.
Wie es aus Branchenkreisen heißt, habe Rehn, der im März 64 Jahre alt wird, mit Bauer seinen potentiellen Nachfolger heranziehen wollen. Bauer hatte acht Jahre lang für dm gearbeitet, bevor er zum Handelspartner Alnatura wechselte. Seit März 2013 war er in der Geschäftsführung für Personal, Einkauf, die Filialen des Unternehmens und Handelspartner verantwortlich.
Gibt es also einen Zusammenhang zwischen der vorangegangen Vertrauenskrise und dem Ausscheiden des einstigen „Kronprinzen“ aus der Alnatura-Geschäftsführung? „Aktuell führen wir keine Gespräche mit Herrn Bauer über eine mögliche Rückkehr“, sagt zumindest dm-Geschäftsführer Erich Harsch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül