Drogenschmuggel Mexiko und USA: Der tragische Tod des Cruz Velázquez
US-Grenzer ließen einen 16-Jährigen Metamphetamin trinken. Kurz darauf war er tot. Jetzt zahlen die USA der Familie eine Million Dollar.
Der Junge fiel den US-Grenzern auf, weil er offenkundig nervös war. Als er sagte, er wolle seinen Onkel besuchen, sprach er ungewöhnlich schnell und verhaspelte sich – die Beamten baten ihn zur Kontrolle.
In einem Nebenraum fragten ihn die beiden Zollfahnder Valerie Baird und Adrian Parellon was in den beiden Trinkflaschen sei, die der Junge bei sich führte. „Apfelsaft“, antwortete er. „Dann beweis es“, soll Baird zu ihm gesagt haben. Vier Schluck trank Cruz Velázquez aus einer der Flaschen.
Binnen Minuten entwickelte er 40 Grad Fieber, sein Herzschlag stieg auf 220 Schläge pro Minute. „Mein Herz, mein Herz!“, schrie er, wand sich unter Krämpfen. In einem nahegelegenen Krankenhaus starb er. In den Flaschen befand sich flüssiges Methamphetamin.
100 bis 200 Dollar für einen Gang
Die Familie des Toten strengte einen Prozess gegen die Beamten und die Vereinigten Staaten wegen widerrechtlicher Tötung an – Anfang dieser Woche kam es vor Gericht zu einer Einigung: Die Familie erhält eine Million Dollar. Keiner der beiden Beamten wurde verurteilt, beide tun bis heute ihren Dienst.
Im Prozess hatten sie sich gegenseitig beschuldigt, den Jungen zum Trinken der Flüssigkeit animiert zu haben. Dass es Valerie Baird war, sagte zwar eine weitere Zollbeamtin aus – Baird habe das ihr gegenüber erwähnt – es konnte jedoch nicht bewiesen werden.
Warum allerdings überhaupt auf diese Methode zurückgegriffen wurde, statt die Flüssigkeit einfach mit einem der zahlreichen in der Zollstation verfügbaren Testsets zu prüfen, die in zwei bis drei Minuten Ergebnisse produzieren, konnte nicht wirklich geklärt werden.
Cruz Velázquez ging in Tijuana auf die High School, er war niemals auffällig geworden, hatte keine Vorstrafen. Es sei üblich, führte der Anwalt der Familie aus, dass Jugendliche von Drogenschmugglern für Transportdienste angesprochen werden – das Honorar für einen solchen Gang als „Muli“ betrage zwischen 100 und 200 Dollar. Ob das auch in diesem Fall so war, ist nicht mehr zu klären – der, der es sagen könnte, ist tot.
Ja, der Junge habe einen Fehler gemacht, sagte der Anwalt der Familie. „Aber er war ein 16-jähriger Junge mit all der fehlenden Reife und dem unvollkommenen Urteilsvermögen, das 16-Jährige ausmacht.“ Sein Leben zu riskieren, indem man ihn von einer Flüssigkeit trinken ließ, von der die Fahnder bereits vermuteten, dass es sich um flüssiges Meth handelte, sei vielleicht nicht absichtliche Tötung, aber vollkommen unverantwortlich gewesen, führte der Anwalt aus.
„Das war kein Verbrechen, das die Todesstrafe verdient hätte. Ihn so grausam sterben zu lassen, ist abscheulich“, sagte der Anwalt weiter. Die Familie wollte sich gegenüber US-Medien nicht äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“