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Drogenpolitik in DeutschlandAmbivalenz ist attraktiv

Hätte sich der Grüne Volker Beck als Drogenkonsument entschiedener für eine liberale Drogenpolitik einsetzen müssen? Nun ja.

Dass die am schlechtesten beleumdete Droge bei Beck, dem Repräsentanten der gesundheitsfetischistischen Grünen, gefunden worden sein soll, gefällt. Foto: dpa

Als sich die Nachricht über Facebook verbreitete, fühlte ich mich gut unterhalten. Das lag sicher auch an der Umgebung. In den anderen Threads stritt man über Sachen, die einen nicht so sehr interessierten; es gab einen interessant guckenden Magier, der verschiedene Rechenaufgaben stellte, die man mitlösen sollte, und am Ende sollte man an eine Zahl denken, und der Magier hat sie tatsächlich gewusst. Und dann die kurze Nachricht, dass Volker Beck mit Crystal Meth am Berliner Nollendorfplatz erwischt worden sei. Interessant.

Man stellte sich sofort „Tatort“-mäßige Szenen vor – Nollendorfplatz. Glitzernder Asphalt. Eine Wanne mit Blaulicht. Schwenk, vielleicht Richtung Europa-Center –, die ein paar Szenen aus den „Kindern vom Bahnhof Zoo“ evozierten. Polizeibeamte. Ein nervöser, aber doch gefasster Volker Beck, der vielleicht sogar ein bisschen erleichtert ist, weil sein Leben als Politjunkie nun erst mal vorbei ist und ein anderes beginnen wird. (Und in Wirklichkeit war es sicher anders gewesen.)

Einige FB-Freunde sagen, hätten sie doch wenigstens Kokain bei ihm gefunden; andere (ich) fanden es besser, dass es Crystal Meth und nicht Kokain war. Die einen denken bei Kokain an die zwanziger Jahre, Egon Schiele, Gottfried Benn, Klaus Mann, Cabaret mit Liza Minnelli und David Bowie in den siebziger Jahren; man selber denkt bei Kokain eher an streberhafte Politiker, Journalisten, an Christoph Daum, an Leute, die so tun als ob.

Dass gerade die am schlechtesten beleumdete Droge bei Beck, dem Repräsentanten der oft so enervierend gesundheitsfetischistischen Grünen, gefunden worden sein soll, gefällt einem wegen des Kontrasts und weil man so gerne „Breaking Bad“ geguckt hatte.

Gut möglich, dass er ein ambivalentes Verhältnis zum eigenen Konsum hatte

Anders als der SPD-Mann Michael Hartmann, der vor zwei Jahren ebenfalls mit Crystal Meth erwischt wurde, hatte Volker Beck sich wenigstens für eine Freigabe weicher Drogen eingesetzt, allerdings auch für ein striktes Zigarettenrauchverbot.

In der Welt wurde der Vorwurf erhoben, gerade als Drogenkonsument hätte sich Volker Beck noch viel entschiedener für eine liberalere Drogenpolitik einsetzen müssen. Das ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Es ist ja nicht ganz unwahrscheinlich, dass Beck, wie viele Drogenkonsumenten (und auch Trinker) ein ambivalentes Verhältnis zum eigenen Konsum hatte. Diese Ambivalenz ist ja ein Teil der Attraktivität von Drogen.

Und dass die Glaubensgrundsätze einer restriktiven Drogenpolitik eben nicht mehr so unerschütterlich sind wie noch vor Jahren, liegt eventuell auch daran, dass sich die, die für eine liberalere Drogenpolitik in Sachen Marihuana streiten, nicht mehr als Konsumenten outen. Und viele meinen auch wie der Kollege Höge: „Ich nehme auch gerne Drogen, bin aber gegen deren Freigabe.“

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3 Kommentare

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  • Wow! Das ist mit Abstand der substanzfaschistischste Beitrag, den ich bei der TAZ bisher lesen durfte!

     

    Koks, KristelMett(;o)), Crack, Heroin, äääh Angel Dust, Krokodil, Kath oder die drogenpolitisch bedingten legalen Ableger... eigentlich völlig egal! Er hat den Hang zum Konsum einer gesundheitlich bedenklichen Substanz, und braucht im Zweifelsfall Hilfe.

     

    Was er nicht braucht ist Strafverfolgung, Verhöhnung, Amtsenthebung, Schuldzuweisung oder eine sonstig gern gesehene mediale Reaktion auf sein privates Problem, mit dem er nicht nur niemandem (bis auf sich selbst) geschadet hat, sondern trotzdem einem vernünftigen Job nachkommen konnte.

     

    Offensichtlich hat sein Schamgefühl ihn dazu gebracht seine Ämter hinzuwerfen. Das würde ich mir auch von dem ein oder anderen Zellgiftfetischisten aus dem schwarzen Parteiensumpf wünschen.

  • Komisch, in meinem Fall verhält es sich genau umgekehrt: Ich bin zwar für die Freigabe von ("weichen") Drogen, nehme aber selber keine. Ich trinke oder rauche nicht einmal. Muss ich nun meine politische Einstellung überdenken? Oder fehlt mir wieder bloß diese gewisse Schraube im Kopf, wenn Ambivalenz nicht attraktiv ist für mich, sondern eher abstoßend wirkt? (Genau wie gewisse US-Serien übrigens.)

  • "…Und dass die Glaubensgrundsätze einer restriktiven Drogenpolitik eben nicht mehr so unerschütterlich sind wie noch vor Jahren, liegt eventuell auch daran, dass sich die, die für eine liberalere Drogenpolitik in Sachen Marihuana streiten, nicht mehr als Konsumenten outen. Und viele meinen auch wie der Kollege Höge: „Ich nehme auch gerne Drogen, bin aber gegen deren Freigabe.“ "

     

    Wie meinen Herr Kuhlbrodt¿!

    Doch zu viel - " gefällt einem wegen des

    Kontrasts und weil man so gerne

    „Breaking Bad“ geguckt hatte." - odr? -

    Was - bitte - ist da nun wieder am Start?

    kurz - sind in echt die Zeiten vorbei -

    Einen insgesamt durchdachten

    Beitrag in der taz zu lesen?

    Jedenfalls mal mehr als den mit der

    Lupe zu suchenden!

    Wär echt mal dufte! - &

    Dank im voraus;)