Dritter Staatschef in einer Woche: Peru bekommt Übergangspräsidenten
Der gemäßigte Politiker Francisco Sagasti Hochhausler wird zum Parlamentspräsidenten gewählt. Er ist damit der neue Übergangspräsident des Andenstaats.
Die Neubesetzung des Präsidentenamts war nötig geworden, nachdem Interimspräsident Manuel Merino am Sonntag nach heftigen Protesten und nur fünf Tagen Amtszeit zurückgetreten war. „Heute ist kein Tag zum Feiern,“ erklärte Sagasti in seiner ersten Rede nach seiner Wahl zum Parlamentspräsidenten. „Bei den Protesten haben wir den Tod von zwei jungen Menschen gesehen, die nur ihre Meinung zum Ausdruck brachten. Wir können sie nicht wieder zum Leben erwecken, aber das Parlament und die Regierung können Maßnahmen ergreifen, damit dies nicht wieder geschieht“, sagte er.
Sagasti erinnerte damit an den 22-jährigen Jack Pintado Sánchez und den 25-jährige Inti Camargo, die am Samstag im Anschluss einer friedlichen Demonstration durch Geschosse der Polizei getötet worden waren. Zugleich versuchte er damit die Wogen zu glätten, die die politische Ereignisse und Proteste der vergangenen Tage geschlagen hatten.
Sagasti eilt der Ruf eines Versöhners voraus. Wohl auch deshalb ist es ihm gelungen, die nötige Mehrheit der Abgeordneten zu bekommen. Allerdings stand das Parlament unter massivem Druck, nachdem es am Sonntag die Wahl von Rocío Silva Santisteban von der linken Frente Amplio zur Parlamentspräsidentin abgelehnt und damit das Land für gut 24 Stunden ohne Staatsführung gelassen hatte.
Sagastis wichtigste Aufgabe: Präsidentschaftswahl im März
Sagasti ist Mitbegründer der Partido Morado, der nach der Farbe Lila genannten Partei, die sich als gemäßigte Partei der Mitte präsentiert und mit neun Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Mit seinem Wahlkampfmotto „Für eine anständige Politik, für den Kampf gegen Korruption und für politische Reformen“ errang Sagasti eines der neun Mandate und zog im März zum ersten Mal als Abgeordneter ins Parlament in Lima ein.
Der Partido Morado nahe steht auch der parteilose ehemalige Präsident Martín Vizcarra. Als Vizcarra am Montag vergangener Woche vom Parlament abgesetzt wurde, votierten die lila Abgeordneten geschlossen gegen die Absetzung. Vizcarra sagte zur Wahl Sagastis: „Lassen wir nicht zu, dass nochmals eine solche Situation der Instabilität entsteht.“
Der in Lima geboren Sagasti verdankt seinen zweiten Nachnamen der österreichischen Herkunft seiner Mutter Elsa Hochhausler Reinisch. Von Beruf Ingenieur, verfügt er über langjährige nationale und internationale Erfahrung, zumal die Familie häufig Land und Wohnort wechselte. Zeitweise war er als Berater der Vereinten Nationen sowie leitender Angestellter der Weltbank tätig.
Offiziell endet seine Amtszeit als Interimspräsident schon am kommenden 28. Juli. Angesichts der Wirren in der peruanischen Politik ist nicht einmal garantiert, dass er bis dahin im Amt bleibt. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist, für ein friedliches Umfeld zur Durchführung der Direktwahl des nächsten Staatsoberhaupts im März 2021 zu sorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!