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Dresden gedenkt der Bombardierung 1945Konfrontatives Erinnern

Rechte mobilisieren für den 11. und 13. Februar nach Dresden. Doch ein neues Bündnis protestiert gegen den Missbrauch des Gedenkens.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause soll am Montag wieder in Dresden menschengekettet werden Foto: Robert Michael/dpa

Dresden taz | Die symbolisch aufgeladene Erinnerung an die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 wird auch in diesem Jahr zu Konfrontationen in der sächsischen Landeshauptstadt führen. Für den bevorstehenden Samstag haben rechte Kreise wieder einen sogenannten „Trauermarsch“ mit geschichtsrevisionistischem Charakter geplant.

In den Jahren bis 2011 war dieser von der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen und der NPD organisierte Aufmarsch mit bis zu 7.000 Teilnehmern zur größten Nazidemo Europas angewachsen. Dank entschlossenen Widerstands schwand dann die Teilnehmerzahl, der Marsch fiel aber nie ganz aus. Am Montagabend, dem eigentlichen Gedenktag, wird nun auch noch um 20 Uhr eine Querdenker-Demo stattfinden.

Gegen beide Veranstaltungen mobilisiert nun ein neues Bündnis mit dem Namen „WiEdersetzen“. Es löst das bislang organisierende Bündnis „Dresden nazifrei“ ab, das nach 14 Jahren seine Aufgabe als erfüllt ansieht.

Es brauche „junge, dynamische und frische Kräfte“ beim Widerstand gegen Nazis, sagt Rita Kunert von der „Seebrücke Dresden“, die seit Jahren unter anderem den Protest gegen „Pegida“ organisiert und auch bei „Dresden Nazifrei“ dabei war. Intern wird aber auch von einer breiteren Anschlussfähigkeit des „WiEdersetzen“-Bündnisses im Vergleich zu den bisher linksdominierten Akteuren gesprochen.

Neues „WiEdersetzen“-Bündnis

In dem neuen Bündnis sind Organisationen und Gruppen wie der DGB, „Herz statt Hetze“, die Seenotretter von „Mission Lifeline, „Omas gegen Rechts“, der Flüchtlingsrat, der Studierendenrat der TU Dresden und weitere Initiativen, darunter mehrere Antifa-Gruppen, vereinigt. Ebenso vertreten sind Parteien wie die Grünen, die Linke, die SPD und die Piraten sowie deren Jugendorganisationen. Die Gegendemonstranten wollen „mit Mitteln des zivilen Ungehorsams“ protestieren, schließen dabei Blockaden nicht aus.

Neben den offiziellen Gedenkveranstaltungen zum Tag der Bombardierung Dresdens rufen Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und TU-Rektorin Ursula Staudinger zur Teilnahme an der traditionellen Menschenkette am Montagabend um 18 Uhr auf. Bei Anne Herpetz von den Piraten stößt die Menschenkette allerdings mittlerweile aus Skepsis. Sie erfülle ihren Zweck schon lange nicht mehr, wende sich zu wenig konsequent gegen Rechts, ja werde von AfD-Anhängern sogar unterwandert.

„Die Menschenkette ist reine Symbolpolitik und schützt nicht die Stadt“, sagte Herpetz. „Im Aufruf für dieses Jahr haben weder OB Hilbert noch Staudinger den größten Neonaziaufmarsch Europas erwähnt und auch nicht die Leute, die sich diesem entgegenstellen“, kritisierte sie.

Das mahnende Erinnern an die Folgen des deutschen Angriffskrieges wird von zahlreichen Veranstaltungen in Kirchen und Kulturstätten und einer Kunstaktion im öffentlichen Raum begleitet.

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1 Kommentar

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  • In mein persönliches Gedenken an die Bombardierung Dresdens und der 25.000 Todesopfer (und nicht 100.000, wie die Geschichtsrevisionisten behaupten) mischt sich Trauer mit Scham … Trauer über das Leid, das Dresden und seiner Bevölkerung - und übrigens auch den vielen Kriegsflüchtlingen und Zwangsarbeitern, die sich zu dieser Zeit in der Stadt aufhielten - widerfahren ist. Und natürlich stellt sich in dem Zusammenhang die Frage nach der militärischen Notwendigkeit, Dresden ausgerechnet zu diesem späten Kriegszeitpunkt noch zerstört zu haben.



    Scham jedoch darüber - und der Bundespräsident hat in seiner Rede zum Gedenktag der Zerstörung Dresdens mit der Erinnerung an die Bombardierung der polnischen Stadt Wielun 1939 den richtigen Ton getroffen -, dass der Terror von deutschem Boden ausging. der so viel unendliches Leid über Europa gebracht hat. Trauer und Scham, beides gehört hier zusammen.



    Und was können wir lernen? In einem Kommentar zum Ukrainekrieg hier in der taz-Kommune las ich, dass für die 40 Millionen Kriegstoten in Europa die Appeasement-Politik gegenüber Hitler-Deutschland (in der historischen Analogie, wie jetzt mit Putin-Russland zu verfahren sei) verantwortlich sei, also das Bemühen, diesen schrecklichen Weltkrieg noch zu verhindern. Eine ungeheuerliche Relativierung der deutschen Kriegsschuld, aus meiner Sicht.



    Leider war die Kommentarfunktion schon wieder geschlossen, ich hätte dem Mitforisten dies noch gerne mitgeteilt.