Dreikönigstreffen der FDP: Merkel ist an allem Schuld
Die Liberalen beteuern ihren Gestaltungswillen, trotz der Jamaika-Absage. Den Eindruck einer aktiven Mitgliederpartei macht sie derweil nicht.
Besser passen würde „We made FDP great again“, denn zum einen sind sich die Liberalen über ihren Europakurs gar nicht so einig und zum anderen kreiste die FDP beim alljährlichen Dreikönigstreffen der FDP vor allem um eins: sich selbst. Ja, die FDP ist wieder wer: Sie ist nach einer Abwahl wieder in den Bundestag zurückgekehrt, mit gutem Ergebnis. Sogar mitregieren hätten sie können. Wollten sie dann aber nicht.
„Die FDP ist eben die Partei mit dem eingebauten Nervenkitzel“, witzelt Parteichef Christian Lindner. Das soll offensiv klingen. In Wirklichkeit ist die FDP seit dem Jamaika-Ende nicht mehr aus dem Erklärungsmodus heraus gekommen. Und auch jetzt, Wochen später, gelingt es dem eloquenten Lindner nicht, das vorzeitige Ende der Jamaika-Sondierung einigermaßen überzeugend zu begründen.
Auf der Stuttgarter Opernbühne führt er stattdessen Jürgen Trittin und Anton Hofreiter als Symbolfiguren ins Feld, die beweisen sollen, dass Jamaika kein Sehnsuchtsort für Liberale sein kann. Mit einem wie Macron, hätten sie dagegen leicht eine Koalition geschmiedet, sagt Lindner. Weil ihm nicht zuletzt aus den eigenen Reihen zu wenig Leidenschaft für Europa nachgesagt wird, beschwört er demonstrativ die einmalige europäische Chance, die Macron mit seinen Initiativen für ein neues Europa eröffnet hat. „Wir dürfen dieses historische Momentum nicht verstreichen lassen“, sagt Lindner. Dass gerade die FDP dafür verantwortlich ist, wenn Macron in Berlin keinen handlungsfähigen Partner für seine Reformen vorfindet, dazu sagt Lindner nichts.
Stabile Umfragewerte
Während die FDP also selbst zum europäischen Stillstand beiträgt, geißeln alle Redner dieses Dreikönigstreffens Angela Merkel als Kanzlerin des Stillstands. Als Feindbild scheint sie in der Partei inzwischen ähnlich gut zu funktionieren, wie auf AfD-Parteitagen. Lindner nennt die Merkels Politikstil, „vordemokratisch“. Die Kanzlerin unterfordere das Land durch ihre „Ambitionslosigkeit“. „Parteien haben nicht nur die Pflicht zum Kompromiss, sondern auch zur Kontroverse“, behauptet Lindner.
Im Moment kann er sich mit der selbst gewählten Oppositionsrolle auf ordentliche Zahlen stützen. Die Partei konnte im letzten Jahr über 12.000 neue Mitglieder gewinnen und die Umfragewerte bleiben auch nach dem Jamaika-Aus stabil. Doch die eigentliche Aufgabe als Parteichef steht erst noch bevor: Aus dem gut geölten Marketing-Produkt mit ihrem Posterboy Lindner wieder eine funktionierende vielstimmige Partei zu machen. Die FDP sei längst keine One-Man-Show mehr, beteuert der Parteichef. Den Vorwurf er führe autoritär, zieht er in Stuttgart ins Lächerliche. „Die FDP ist eine Partei der Individualisten.“
Wo aber die Grenzen dieses liberalen Individualismus liegen, konnte die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erleben: In einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung hatte sie mit offensichtlichem Bezug auf populistische Äusserungen Lindners zu Europa und Flüchtlingsfragen gewarnt: „Einen Weg der FDP als rechtes Bollwerk für unzufriedene Wähler der früheren Volksparteien kurz vor der AfD darf es nicht geben“ Lindner-Vize Wolfgang Kubicki empfahl ihr darauf am Rande des Dreikönigstreffens, statt sich einzumischen lieber am „Starnberger See auf ihre lange Karriere zurückzublicken“. Denn die FDP von heute sei nicht mehr die gleiche Partei, wie jene, die aus dem Bundestag geflogen ist, hatte Lindner zuvor noch unter Applaus gesagt. Man weiß nicht so genau, ob das ein Versprechen ist.
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