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Draußen vor der Tür„Das war nicht rassistisch motiviert“

Kai Villbrandt nimmt Stellung zu Vorwürfen gegen seine Bremer Firma „Public & Private Security“, sie habe einem Flüchtling den Zugang zu einem Club verwehrt

Gehört eigentlich zu den Guten: Das „Moments“ im Bremer Steintorviertel Foto: Allegra Schneider
Interview von Elisabeth Nöfer

taz: Herr Villbrandt, gegen Ihre Türsteher-Firma sind Rassismus-Vorwürfe laut geworden. Was ist aus ihrer Sicht passiert?

Kai Villbrandt: Es war am Halloween-Tag. Die „Gay Candy-Party“ im Club „Moments“ war sehr voll und wir hatten schon zwei Mal Einlass-Stopp. Deshalb wurde sehr konsequent kontrolliert. Einer unserer Mitarbeiter, der neben der Tür stand, hat gemerkt, dass zwei Personen hinter ihm reingegangen sind. Das hat er persönlich als „vorbeischleichen“ interpretiert, deshalb hat er sie angehalten. Eine Person war außerdem beinahe vermummt, nur Augen und Nase waren noch erkennbar. Er hat ihn aufgefordert, die Kapuze abzunehmen. Und er forderte beide auf, die Ausweise zu zeigen. Eine der Personen war Julia Schlecht, sie hat dann die Security auf den Flüchtlingsstatus ihres Freundes hingewiesen, und darauf, dass er als Homosexueller und Flüchtling mehrfach diskriminiert ist.

Worüber haben sie geredet?

Der Mitarbeiter musste schnell wieder in seine Position, deshalb war das eine relativ kurze Diskussion, aber er hat ihnen angeboten, dass sie am darauffolgenden Donnerstag wiederkommen könnten, um das zu besprechen. Damit ist er ihnen eigentlich schon entgegengekommen.

Im Interview: Kai Villbrandt

34, ist seit sieben Jahren Assistent der Geschäftsleitung der Firma Public & Private Security, welche die Gay Candy-Party im Club Moments betreute.

Der Vorfall

In der vergangenen Woche hatte die taz berichtet, dass einem Geflüchteten der Eintritt zur Gay Candy-Party des Bremer Clubs Moments verwehrt wurde.

Laut seiner Begleiterin Julia soll der Türsteher gesagt haben: „Ein Antanz-Dieb kommt hier nicht rein.“

Der Betroffene empfand die Zurückweisung als rassistisch motiviert.

Und sind keine rassistischen Bemerkungen gefallen?

Was passiert ist, war nicht rassistisch motiviert und erst recht kein Racial Profiling. Die Beschreibung unseres Mitarbeiters gleicht der von Julia, so wie sie in der taz wiedergegeben wird. Aber die Dinge sind unterschiedlich interpretiert worden, da gab es Unterschiede in der Wahrnehmung.

Warum wurde der junge Mann nicht in den Club gelassen?

Der Türsteher war sich sicher, dass Julias Freund zu den Leuten gehört, die unter der Woche und am Wochenende im Viertel stehen, und die mehrfach dabei beobachtet wurden, dass sie Leute beklauen. Vom Moments hat man nämlich eine gute Sicht auf den Ziegenmarkt und die Helenenstraße. Er ist sich heute noch sehr sicher, dass der junge Mann mit auffälligen Gruppen im Viertel unterwegs ist. Und dass er außerdem minderjährig ist und schon einige Male versucht hat, das Moments zu betreten.

Wie sehen grundsätzlich ihre Kriterien am Einlass aus?

Bei der Ausweiskontrolle akzeptieren wir Ausweise und alle Arten von Pässe. Bei Geflüchteten akzeptieren wir die rosa-lila Aufenthaltsgenehmigungen, Duldungen und Erstaufnahmebescheinigungen, die kommen mittlerweile aber selten vor. Ein weiteres Auswahlkriterium bei vollen Veranstaltungen sind Deutsch– oder Englischkenntnisse. Aus Sicherheitsgründen, um sich im Ernstfall mit Gästen verständigen zu können. Das betrifft natürlich weniger ausländische Studenten, sondern eher Arbeiter auf der Durchreise oder eben die Flüchtlinge.

Stellen solche Gäste besondere Herausforderungen an die Sicherheitskräfte dar?

Auf jeden Fall. Vor allem Geflüchtete, aber auch andere Menschen aus anderen Kulturkreisen. Das sind mitunter die sprachlichen Unterschiede, aber zum Beispiel auch, was den Umgang mit Frauen angeht – oder mit Alkohol. Mittlerweile haben wir auch traumatisierte Flüchtlinge. Bislang ist das bei uns erst einmal vorgekommen: In einem der Clubs hatte sich jemand an der Hand verletzt. Danach war er nicht mehr ansprechbar und völlig apathisch. Er wurde vom Türsteher vorsichtig nach draußen begleitet und es wurde ein Krankenwagen gerufen.

Ist Rassismus an der Tür ein Problem?

Ja, definitiv. Aus Erzählungen von Flüchtlingen oder Austauschstudenten wissen wir, dass sie in einigen Clubs nicht mal die Chance haben, ihre Papiere rauszuholen, sondern beim Sehen gleich weggeschickt werden. Und da rede ich auch nicht von „ihr kommt hier nicht rein, weil eure Sprachkenntnisse ein Problem sind“ oder weil die passenden Dokumente nicht da sind. Die werden abgewiesen, bevor überhaupt ein Dialog stattfindet! Bei uns sind die dann überrascht, dass sie einfach reinkommen.

Dabei gilt Bremen als liberal.

Außerhalb von Bremen halte ich das für noch ausgeprägter. In Bremen hat sich das stark verbessert, weil es eine Zuverlässigkeitsüberprüfung für Türsteher gibt. Bei der wird unter anderem das erweiterte Führungszeugnis und die Zugehörigkeit zu kriminellen Vereinigungen überprüft.

Ist das Thema Rassismus Teil der verpflichtenden Schulung für Sicherheitskräfte?

Die Schulung ist bei mir sieben Jahre her, deshalb weiß ich nicht, inwieweit die inzwischen geändert wurden. Aber das Thema wird in der Prüfung nicht explizit angesprochen. Es gibt so einen sozialen Teil, da wird man nur darauf hingewiesen, dass man immer freundlich bleiben sollte oder woran man bestimmte Emotionen erkennt.

Und Ihre Firma versucht, es besser zu machen?

Wir versuchen schon bei der Einstellung zu gucken, ob die Leute ein gewisses Bewusstsein haben. Das betrifft nicht nur Rassismus, sondern auch Homophobie und Sexismus. Wir versuchen, die KollegInnen in der direkten Arbeit zu sensibilisieren. Und wir versuchen auch drauf zu achten, dass faschistische und rechtsradikale Symboliken keinen Einlass finden, das ist uns persönlich sehr wichtig.

Welche Konsequenzen ziehen Sie und die Beteiligten aus dem Vorfall?

Mittlerweile stehen alle in Kontakt, ich habe bisher jeden Tag mit jedem telefoniert. Wir sind momentan an dem Punkt, dass es in den nächsten Tagen ein Gespräch mit allen Beteiligten geben soll. Der betreffende Türsteher wird allerdings nicht dabei sein, damit eine negative Situation für den Betroffenen verhindert wird.

Worüber wollen Sie reden?

An dem runden Tisch soll es einen Austausch darüber geben, was an dem Abend vorgefallen ist – auch wenn wir den Rassismus-Vorwurf vielleicht nicht gänzlich widerlegen können. Wir wollen niemandem seine persönliche Wahrnehmung absprechen. Dann wird es darum gehen, was man in Zukunft anders machen kann, das heißt Lösungsvorschläge für den Fall der Mehrfachdiskriminierung. Wir glauben, dass wir in der Regel einen guten Umgang mit Flüchtlingen haben. Mehrfachdiskriminierung ist uns nicht unbekannt, aber das ist uns an diesem Tag zum ersten Mal an der Tür begegnet. Da wurde nicht sofort erkannt, was das für die einzelne Person bedeutet.

Werden Sie noch mal an die Öffentlichkeit gehen?

Wenn das gut läuft, wollen wir ein gemeinsames Statement über den Diskurs und die Ergebnisse veröffentlichen. Es ist wichtig zu sagen, warum es bis jetzt keine Stellungnahme gibt: Wir wollen nicht einfach ein Statement mit leeren Worthüllen raushauen. Das machen alle, sobald sie mit solchen Vorwürfen konfrontiert werden. Wir wollen aber leere Phrasen vermeiden, das halten wir nicht für den richtigen Umgang mit einem zu ernsten Thema. Wir wollen ein Ergebnis, an dem alle beteiligt sind, und mit dem alle zufrieden sind.

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1 Kommentar

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  • An der Tür in einen Club ging es doch schon immer diskriminierend zu. Seit jeher findet die Gesichts- und Outfitkontrolle statt, die nur sekundär - so meine Meinung - etwas mit der Nationalität zu tun hat. Falscher Blick, falsches Schuhwerk, falsche Frisur und du bist raus bzw. gar nicht erst drinnen. Wenn jeder, der an einer Club-Tür abgewiesen wird oder wurde, die Diskriminierungskarte ziehen würde und daraufhin runde Tische abgehalten würden, na dann viel Freude. Mir stellt sich hier die Frage der Verhältnismäßigkeit.Will sagen, ist es sinnvoll, einem Einzelschicksal an einer Club-Tür eine solche Aufmerksamkeit zu schenken oder ist es der Sache, um die es hier geht, nämlich Alltagsrassismus, nicht letztlich noch förderlich.