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Drachenbootrennen in BerlinFamiliennachmittag mit Drachenkopf

Mit dem Blick aufs Wasser, wenn sich dort die Drachenboote zum Rennen sammeln: so darf man sich selbst in Berlin wie am Mekong fühlen.

Prominent und namensgebend vorn am Boot: der Drachenkopf Foto: Stephanie Pilick/picture-alliance/ dpa

W eil halt alles Wesentliche in China erfunden wurde, gilt das natürlich auch für den Fußball. Bereits ein paar Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung soll dort gekickt worden sein. Dass man das dem heutigen Spiel aber nicht mehr ansieht, liegt daran, dass die Chinesen vergessen haben, sich ihm zeichenhaft einzuschreiben. Dabei hätten schon ein paar chinesische Schriftzeichen, mit denen man die Bälle markiert, für eine Unverwechselbarkeit gesorgt.

Bei den Drachenbooten ist der chinesische Ursprung jedenfalls deshalb nicht zu übersehen, weil diese langen Paddelboote vorn mit einem dekorativen und sehr asiatisch dreinschauenden Drachenkopf geschmückt sind. Schon einige Jahrhunderte vor Christus hat es wohl in China Drachenbootrennen gegeben, Genaueres verliert sich in Mythen – ist ja wirklich alles sehr lange her und reicht doch bis in die Gegenwart nach Grünau ganz am Rand von Berlin, wo auf der dortigen Olympia-Regattastrecke am Wochenende der 24. Berlin Dragonboat City Cup stattfand.

Und wie sich dort über dem Wasser fettbauchig die Wolken türmten und in der Sonne das Gold der Drachenköpfe glitzerte, das war alles so prächtig hingemalt, dass man sich beim Blick auf die Weite des Wassers und die Boote darauf gut wie am Mekong fühlen konnte.

Dort mal mit dem Drachenboot so richtig im asiatischen Wasser zu paddeln, da hätte auch Daniel überhaupt nichts dagegen. Aber, er reibt den Zeigefinger am Daumen, das Geld! So eine Ausfahrt nach Asien kostet. Näher ist der Weg vom Darß, da kommt der Mittdreißiger her, doch nach Berlin. Im Moment macht er das, was man bei so einem Renntag vor allem macht. Er wartet.

Es dauert nach einem Rennen eben seine Zeit, bis sich die Boote für den nächsten Lauf geordnet haben. Der ist dann ein sekundenkurzes Vergnügen. In wenigen Augenblicken sind die 200 Meter, die an dem Tag auf dem Programm stehen, durchmessen. Und wieder darf gewartet werden.

Nirgendwo riecht es nach Stress

Die Leute machen das geduldig, nirgendwo riecht es nach Stress. Kleinkinder krabbeln auf der Wiese, selbstredend gibt es eine Hüpfburg. Eine freundliche Familiennachmittagstimmung schiebt sich übers Gelände, auf einem Partyzelt heißt es „Hong Kong Economic and Trade Office“, eine junge Frau spielt darin einsam mit dem Handy. Wenige Meter weiter riecht es nach gebratenen Nudeln, ein Asia­imbiss. Und diese Nudel holen einen wieder zurück. Wenig schmeckt da nach Asien und Mekong. Das schmeckt dann doch nach Sojasauce und Berlin.

Dass hier Frauen und Männer gemeinsam in einem Boot sitzen, wo gibt es das schon sonst im Sport?

Bis Daniel mit seinem Team an der Reihe ist, dauert es noch. An der Küste, erzählt er, seien bei jedem Hafenfest Drachenboote unterwegs. Ein exotischer Farbtupfer. Und eine Randsportart. „Es ist eine aussterbende Rasse“, sagt Daniel und dass die Teams Schwierigkeiten haben, die Menschen ins Boot zu holen. Dabei wird gern gepaddelt. Stand-up etwa. Aber das macht man ja auch allein, während in so einem Drachenboot 20 Leute sitzen. „Die alle das Gleiche machen müssen“, synchron. Und dass dazu Frauen und Männer gemeinsam in einem Boot sitzen. Wo gibt es das schon sonst im Sport, meint Daniel.

wochentaz

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Beim Berlin Dragonboat City Cup nehmen mehrere Dutzend Teams teil. Sie nennen sich Spreecoyoten, Beast Boat oder Seebären. Sie kommen aus ganz Deutschland. Bei einem Rennen sind auch kanadische Fahnen zu sehen, mit denen ein Team angefeuert wird.

Im nächsten Rennen sind die Taiwan Dragons am Start. Fünf Boote warten auf das Signal. Hinten auf den langen schmalen Booten mit dem Drachenkopf steht der Steuermann (oder die Steuerfrau) am Ruder, vorne sitzt die Trommlerin (oder der Trommler), die an der großen Trommel gleich den Takt schlagen wird. Dazwischen die 20, die paddeln, 200 Meter die Dahme hinunter zum Ziel. Mächtig Wasser wird da geschaufelt, je höher die Frequenz, desto Erster am Ziel. Vorbei geht es an einem Spalier mit winkenden taiwanesischen Fähnchen.

Es hilft nichts. Die Taiwan Dragons werden Vorletzter. Als Erste gehen die Swimming Stones durchs Ziel.

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Thomas Mauch
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1960, seit 2001 im Berlinressort der taz.
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