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Dopingprozess in WienKatzenfutter vom Zuhälter

Walter Mayer, ehemaliger Langlauftrainer Österreichs, soll wieder Dopingmittel vertickt haben. Er sitzt nun in Wien auf der Anklagebank.

Verschwörungstheoretiker mit Vorliebe für Katzen: Walter Mayer. Bild: imago

WIEN taz | "Ein Dopingnetzwerk gibt es nicht." Das behauptet Walter Mayer, der am Straflandesgericht Wien auf der Anklagebank sitzt. Dem ehemaligen Trainer der österreichischen Skilanglauf- und Biathlonmannschaft wird vorgeworfen, Sportlerinnen und Sportler mit verbotenen Substanzen versorgt zu haben.

Das Netzwerk besteht nach Ansicht der Staatsanwaltschaft aus dem 54-jährigen Mayer selbst, einem Wiener Apotheker, einer Krankenschwester und dem in alle möglichen Aktivitäten verstrickten Handwerker Karl Heinz R., der Mayer mehrmals Pakete mit Dopingmitteln übergeben haben will.

Der schmucklose Verhandlungssaal 211 ist bis zum letzten Platz vollgepackt mit Prozessbeobachtern und Pressevertretern, als sich Mayer am zweiten Prozesstag für "absolut nicht schuldig" erklärt. Seine Befragung durch Richterin Katharina Lewy nutzt er, um seinen angeblichen Komplizen R. als unglaubwürdig hinzustellen. R., den Mayer als Zuhälter bezeichnet, hatte ihn massiv belastet.

Er erinnerte sich an die Autobahnraststätten und Zeitpunkte, an denen er Mayer Pakete mit Wachstumshormonen, Epo und Dynepo übergeben haben will. Wenn sie telefonisch eine Übergabe vereinbarten, sei aus Furcht vor Telefonüberwachung von "Katzenfutter" die Rede gewesen.

Mayer, der die Gerichtsschreiberin immer wieder zur Verzweiflung bringt, wenn er in seinen Salzburger Dialekt verfällt, hat für alles eine Erklärung. Das Haus von R. kenne er nur, weil er dort zwei Katzen abgeholt habe. Ein Katzenfoto und eine Überweisungsbescheinigung über 1.000 Euro werden als Beweise nachgereicht.

Ein Geplänkel zwischen den beiden Angeklagten, ob die Tiere reinrassig oder "nur Straßenkatzen" und daher überzahlt seien, lenkt vom Verhandlungsgegenstand ab. Dass R.s Lebensgefährtin aussagte, nach Mayers Besuchen seien immer Epopackungen und Kühlaggregate aus dem Eisfach verschwunden, führt dieser auf eine Verwechslung zurück.

Maximal drei Jahre Haft

Mayer wurde international bekannt, als im Februar 2006 eine Razzia der italienischen Polizei im Quartier der österreichischen Langläufer Blutbeutel zu Tage brachte. Mayer floh damals aus dem olympischen Dorf in Turin, betrank sich auf der Autobahn mit einer Flasche Gin und fuhr sein Auto zu Schrott.

Blutdoping war damals in Österreich nicht strafbar. Ein strenges Dopinggesetz wurde erst aus diesem Anlass verabschiedet und eine Soko Doping eingerichtet. Was Mayer jetzt vorgeworfen wird, soll sich zwischen 2007 und 2010 abgespielt haben. Die letzte Übergabe soll im Oktober 2008 wenige Wochen nach Inkrafttreten des Antidopinggesetzes stattgefunden haben.

Walter Mayer behauptet beharrlich, er habe von R. einzig Katzen, Potenzpillen und eine Diättinktur gegen sein Übergewicht bekommen. Diese habe aber außer Juckreiz nichts bewirkt. Immer wieder blättert er in Listen von Trainingslagern, um zu belegen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht an dem von R. behaupteten Ort sein konnte.

Während die drei Mitangeklagten sich zumindest "teilweise schuldig" bekennen, sieht sich Mayer als Opfer einer großen Verschwörung. Er will seinen Schützlingen nur erlaubte Vitaminpräparate verabreicht haben. Der Apotheker und auch die Krankenschwester Martina M. gaben hingegen beide zu, bei der Beschaffung der Dopingmittel behilflich gewesen zu sein.

Mayer drohen im Falle eines Schuldspruchs maximal drei Jahre Haft. Auf seinen Wunsch werden für kommenden Mittwoch so prominente Zeugen wie Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann und Staffel-Weltmeister Alois Stadlober geladen. Ob das für denselben Tag vorgesehene Urteil dann noch gesprochen werden kann, ist ungewiss.

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