piwik no script img

Doping in der olympischen LeichtathletikKlagt sie noch oder springt sie schon?

Die Leichtathleten haben ihre Dopingfälle einfach nicht im Griff. Zeit für ein Denkpause. Der internationale Verband sollte sich selbst sperren.

Darja Klischina darf in den Sandkasten von Rio hüpfen Foto: dpa

Sie darf nicht. Sie darf doch. Sie darf doch nicht. Und am Ende darf sie dann doch. Die russische Weitspringerin darf in Rio um die Medaillen springen, die am Mittwoch im Olympiastadion vergeben werden. Ihr Fall zeigt ganz gut, wie das Anti-Doping-Regime der Leichtathletik funktioniert: irgendwie.

Keiner weiß so recht, warum wie welche Entscheidungen getroffen werden. Und was das Publikum schon gar nicht weiß: Wem kann man von all den Läufern, Werfern und Springern eigentlich trauen? Die Leichtathletik hat jegliche Glaubwürdigkeit eingebüßt. Am besten wäre es gewesen, sie hätte sich selbst als Ganzes von den Spielen ausgeschlossen, um ein wenig zu sich selbst zu finden.

Doch zurück zum Fall Klischina. Da werden die russischen Leichtathleten von den Spielen ausgeschlossen, weil in einem Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada festgestellt worden ist, dass in Russland eine Dopingmaschinerie mit staatlicher Unterstützung aufgebaut worden ist, die man getrost als geschmacklos bezeichnen kann. Dann fällt jemandem auf, dass die Weitspringerin Klischina gar nicht in Russland lebt und in den USA trainiert und getestet wird. Weil sie deshalb nicht Teil des Dopingsystems sein kann, erlaubt man ihr als einziger russischer Leichtathletin die Reise zu den Spielen.

Nun hat der kanadische Anwalt Richard McLaren, der den Wada-Bericht verfasst hat, in weiteren Untersuchungen herausgefunden, dass sich in Russland Dopingproben gefunden hätten, an denen herumgepfuscht und -manipuliert worden ist. Daraufhin zieht der Internationale Leichtathletikverband IAAF die Starterlaubnis für Klischina wieder zurück.

Die Springerin zieht vor das Internationale Sportschiedsgericht CAS, das ihr die Starterlaubnis zurückgibt. So richtig verstehen mag das niemand, vor allem weil die Manipulationen von Dopingproben in der Urteilsbegründung explizit erwähnt werden. Die IAAF akzeptiert das Urteil, und nichts, aber auch gar nichts ist gut.

Die Leichtathletik ist zu einer Frage des Glaubens verkommen

Und während sich die Sportwelt nach dessen erneutem Triumph über 100 Meter einmal mehr vor Usain Bolt verneigt, bleibt meist unerwähnt, dass sich in dessen jamaikanischem Sprintteam seit Jahren ein Dopingfall an den anderen reiht. Und während Bolt regelrecht angebetet wird, ist sein größter Konkurrent der US-Amerikaner Justin Gatlin so etwas wie der laufende Leibhaftige, weil er schon zwei Mal des Dopings überführt worden ist. Diesem verdammten Sünder möchte niemand vertrauen.

Vielleicht gibt es ja Leichtathletikfans, die dem Südafrikaner Wayde van Niekerk unbedingt glauben wollen, dass es wirklich ohne pharmazeutische Hilfsmittel möglich ist, 400 Meter in einer Zeit von 43,03 Sekunden zu laufen. Van Niekerk, der bis vor drei Jahren nie schneller als 48 Sekunden war, hat den 17 Jahre alten Weltrekord des US-Amerikaner Michael Johnson im Finale von Rio um satte 15 Hundertstel unterboten. In diesem wurde der US-Bad-Boy LaShawn Merrit übrigens Dritter. Der war auch schon mal wegen Dopings gesperrt. Er habe das verbotene Präparat, das man 2010 in seinem Körper gefunden hat, genommen, weil er sich davon eine Penisvergrößerung versprochen habe, war damals sein Ausrede. Wir haben sehr gelacht.

Irgendwie witzig ist auch die Geschichte des weißrussischen Hammerwerfer Iwan Zichan, der schon so oft beim Doping erwischt worden ist, dass er wahrscheinlich selbst nicht mehr weiß, wie viele Medaillen ihm in seiner Karriere schon wieder weggenommen worden sind. Bei den Spielen in Rio darf er natürlich an den Start gehen. Kann eigentlich irgendjemand sagen, warum?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ja, weil ein kleiner, schmieriger Winkeladvokat Chef des IOC ist.

  • Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Tour de France?

    Noie, nix anderes wie pharmazeutische Leistungsschauen!!

    Aber wir konsumieren das ja gerne. Sollen sie doch dopen, Hauptsache wir haben unseren Spaß.

    Und wenn mit Doping auch schon sehr früh angefangen wird, es viele doch nicht zur Spitze schaffen, dopingbedingte Krankheiten entwickeln, scheißegal!.

    Wozu zahlen wir Krankenkassenbeiträge......................................