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Doping bei der Tour de FranceAch, das bisschen Gift!

Am Rande der Tour de France wird über neue Arten unerlaubter Beschleunigung spekuliert: Kohlenmonoxid-Methode, AICAR und Diabetes-Mittel.

Im Erfolgsrausch: Auch Tadej Pogacar kennt die Kohlenmonoxid-Methode Foto: Daniel Cole/ap

Gepustet hat er nun doch. Nachdem Tadej Pogacar am Dienstag noch ganz verwundert auf eine Nachfrage zum sogenannten Kohlenmonoxidverfahren zur Bestimmung des Hämoglobinwerts reagierte, gab er am Mittwoch dann doch zu, auch mal in den Ballon geblasen zu haben. „Ja, wir benutzen das zum Ermitteln des Hämoglobinwerts beim Höhentrainingslager“, sagte er am Mittwoch. Er habe es aber nur ein einziges Mal durchgeführt.

Die Debatte entzündete sich, weil die US-Plattform Escape Collective herausfand, dass einige Tour-de-France-Rennställe diese Tests einsetzen. Sie sind nicht verboten. Genauso wenig, wie es verboten ist, im großen Blutbild Hämoglobin, Hämatokrit und andere Werte zu ermitteln, die Aussagen über die Sauerstofftransportfähigkeit des Bluts zulassen.

Je mehr Sauerstoff im Blut ist, desto mehr Energie kann in den Muskelzellen erzeugt werden. Umso größer ist auch die Ausdauerleistung. Deshalb nahmen Ausdauersportler früher Epo, ein verbotenes Medikament. Jetzt ist das dank besserer Kontrollen bestenfalls als Minidosierung möglich. Das Risiko-Nutzen-Verhältnis verschob sich zu Ungunsten der Dopinganwender auf dem Rad.

„Methoden sind umfangreicher geworden“

Pustet man allerdings nicht nur in die Messapparatur, sondern atmet das Kohlenmonoxid tiefer ein, kann das zu Effekten führen, die dem Aufenthalt in großer Höhe vergleichbar sind: Der Organismus hat weniger Sauerstoff zur Verfügung. Hämoglobin bindet Kohlenmonoxid etwa 300-mal stärker als Sauerstoff, warnt die Bundes­ärzte­kammer in einer Patienteninformation über Kohlenmonoxidvergiftung.

Und bevor man tot ist, weil zu viel des Gifts ins Blut gelangt ist, reagiert der Organismus mit verstärkter Bildung roter Blutkörperchen – und damit höherer Sauerstofftransportkapazität im Blut. Die spannende Frage ist nun, ob bei den Teams, die den Kohlenmonoxidtest bislang zugaben – neben Pogacars UAE Emirates noch Jonas Vingegaards Visma Lease a Bike und Chris Froomes Israel Premier Tech – ihre Athleten nicht nur kurz reinblasen lassen, sondern sie zwecks Verbesserung der Blutparameter am Gift auch mal länger schnüffeln lassen. Natürlich nicht, teilten die Teams mit. Überprüfbar ist das aber nicht.

Ein anderes Problem, das den Radsport neben allen anderen, gerade auch olympischen Ausdauersportarten betrifft, ist, dass immer mehr pharmazeutische Präparate im Umlauf sind, die die Leistungen beträchtlich steigern können. Davor warnt jedenfalls der Leiter des Kölner Doping­kon­troll­la­bors, Mario Thevis. „Die Möglichkeiten der Leistungsbeeinflussung durch nicht erlaubte Mittel und Methoden sind umfangreicher geworden. Wir müssen uns noch mehr anstrengen, diese Wege der Manipulation aufzuzeigen und abzudecken. Und wenn das an der einen oder anderen Stelle noch nicht gelungen ist, dann könnte das auch eine Erklärung für eine außergewöhnliche sportliche Leistung sein, die nicht nur auf optimierte Rahmenbedingungen und größtes sportliches Talent zurückzuführen ist“, sagte Thevis der taz.

Er bezieht sich auf Mittel, die im klinischen Alltag unter anderem gegen Diabetes eingesetzt werden, die seit einiger Zeit aber auch ohne Rezept über Internetshops erhältlich sind. Sie regen die Mi­to­chon­drien, also die Kraftwerke der Zellen, zu höherer Leistung an, was zu höherer Ausdauer führen kann. Einen Test dafür hat Thevis bereits entwickelt. Eingesetzt wurde er von den diversen Antidopingagenturen seines Wissens bislang aber nicht, sagte er der taz. Um Missbrauch zu vermeiden, möchte er den Namen des Präparats nicht veröffentlicht sehen.

Eine andere kritische Substanz ist AICAR. Auch sie trägt zu einer Erhöhung der Anzahl an Mitochondrien bei. „Das bedeutet, dass ein höherer Energieumsatz möglich ist und mehr der für die Ausdauerleistungsfähigkeit erforderlichen Energie bereitgestellt werden kann“, beschreibt Thevis die Effekte. Nachweisverfahren für AICAR gibt es. Der Nachweis selbst ist aber herausfordernd. „AICAR kommt als körpereigene Subs­tanz vor. Eine Unterscheidung zwischen diesem natürlich produzierten ­AICAR und dem synthetisch hergestellten und verabreichten AICAR in Dopingkontrollproben ist anspruchsvoll.

Es bedarf eines Hinweises, wie beispielsweise erhöhte AICAR-Konzentration im Urin oder auffällige Markerwerte, um mit einer Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie-Analyse die Herkunft des vorliegenden ­AICARs zu bestimmen“, erklärt der Kölner Biochemiker. Das heißt, erst wird die Konzentration von AICAR im Organismus ermittelt. Übersteigt die einen gewissen Grenzwert, wird mit einem weiteren Test nachgelegt. Der kam bislang aber etwa nur zehnmal zum Einsatz. Engmaschigere Kontrollen auf AICAR würden zu einer höheren Glaubwürdigkeit von Spitzenleistungen sehr gut beitragen. Jetzt bei der Tour und gleich danach bei Olympia.

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6 Kommentare

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  • 6G
    615049 (Profil gelöscht)

    Der Pogacar hätte machen müssen, was auch Armstrong seinerzeit mit Ullrich nicht machen konnte. Er hätte den Jorgensen unauffällig gewinnen lassen sollen. Der hätte sich ein Loch in die Hose gefreut. Die Journalisten hätten mal was Neueres zu schreiben und senden gehabt, und Pogacar wäre trotzdem Gesamtsieger mit Sympathiepunkten geworden.



    Hätte Armstrong Ullrich eine Tour gewinnen lassen,...

    War früher nicht auch schon mal von Gendoping die Rede gewesen? Vielleicht sind die Mediziner da ja weiter gekommen?

    Ansonsten:Alles ein einziges Elend.

  • Als Herr Pogacar heute einen Kilometer vor dem Ziel am eigentlich verdienten Tagessieger vorbeigeschwebt ist, habe ich mich entschlossen die Tour nun ein für alle mal nicht mehr anzuschauen. Ich fühlte mich in die unsäglichsten Zeiten in den ausgehenden 90ern zurück versetzt. Dort wurden auch die Leistungen einiger vermeintlicher Übermenschen von den Kommentatoren bejubelt. Aber muss ja. Man kann ja nicht in jedem zweiten Satz sagen: "Hoffentlich geht das auch mit rechten Mitteln zu!" Und wer setzt die Methode nun zur Leistungsüberprüfung ein? Ausgerechnet die dominierenden Teams der letzten Jahre. Hoffentlich ist das reiner Zufall!

    • @Alexander Prüstel:

      Genau das war auch meine Konsequenz. Erstens die ausserirdische Leistung, dann das Gerede der Kommentatoren, dass Pogacar alles bisher gesehene schlägt (so jedenfalls in der spanischen Übertragung), und als Gipfel, dass kein Wort über Armstrong und die grosse Doping-Vergangenheit des Radsports fällt. Vermutlich weil sie einen Maulkorb bekommen haben.

      Wer soll sich so einen Schmu anschauen. Da kann ich gleich irgendeinen unsinnigen E-Sport schauen.

  • Schon zu Rudi Altigs Zeiten hieß diese Charade:



    🚲 APO THEKEN RUNDFAHRT •

    unterm——



    Scharade (Farce), eine absurde, oberflächliche Heuchelei.



    Im 18. Jahrhundert von französisch charade → fr entlehnt, dessen ursprüngliche Bedeutung ‚(seichte) Unterhaltung‘ war.



    Dieses wiederum stammt von provenzalisch charrado, das zu provenzalisch charra ‚schwätzen, sich unterhalten‘ gebildet ist.“

    Na Mahlzeit

    • @Lowandorder:

      Schon verrückt, man donnert sich Kohlenmonoxid rein, Diabetesmittel uvm, warum?



      Weil Medien und die Tour de France allzu gerne an Amnesie leiden. Nach der versauten Generation Ullrich, Armstrong und wie sie alle hießen kamen dann natürlich saubere Fahrer, die mindestens genau so schnell den Tour Mallet oder Alpe d'Huez hochfahren. Profisport hat immer etwas Pervers-exzessives, hier kommt es besonders krass zum Tragen.

  • Ja, Ich vermute noch viel viel mehr verstecktes Doping!



    Was die Fahrer da 4 Wochen leisten, ist eigentlich unmöglich - eine Schnitt von > 40 km/h zu fahren!



    Es wird immer ein bitterer Nachgeschmack bleiben.



    Aber es kommt alles ans Licht! Gerade bei einem Team aus den aufstrebenden arabischen VER , wo Pogacar beschäftigt ist, tut alles für den Toursieg!