Doping-Skandal in der Gamer-Szene: Die Pille für Zocker

Der Profi-Zocker „Semphis“ hat in einem Interview zugegeben, dass in seinem Team gedopt wurde. Nun sind in Europa Kontrollen geplant.

eSportler auf einem Turnier

Computerspiele wie Counter-Strike, League of Legends oder StarCraft II werden mittlerweile professionell als Leistungssport betrieben. Bei großen öffentlichen Veranstaltungen treten die Gamer gegeneinander an und spielen um hohe Preisgelder. Foto: dpa

BERLIN taz | Prall gefüllte Hallen, Sponsorenverträge, hohe Preisgelder... und Doping. In den 90ern klein angefangen, hat sich der eSport mittlerweile zu einem Profi-Sport entwickelt – mit den bekannten Problemen. Ein Interview mit Profi-eSportler Kory Friesen hatte Mitte Juli die Diskussion um leistungssteigernde Mittel in der Gamerszene entfacht. In dem Gespräch gab der auch als „Semphis“ bekannte Zocker zu, dass er und seine KollegInnen vier Monate lang regelmäßig vor Wettkämpfen das Mittel Adderall eingenommen haben.

Adderall gehört wie Ritalin und Vigil zu den sogenannten Smart Drugs, die zur Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen wie ADHS verschrieben werden. Die Mittel enthalten Amphetamine und führen zu erhöhter Gedächtnisleistung, mehr Konzentration und Ausdauer. Effekte, die auch für professionelle ComputerspielerInnen interessant sind – besonders wenn Preisgelder in Höhe von 16 Millionen Dollar winken wie beim E-Sport-Turnier „The International“ in Seattle.

Der Konsum der smarten Drogen scheint unter den SpielerInnen schon länger verbreitet zu sein. In dem Interview mit Launders.tv sagt Semphis, jede/r Profi-GamerIn des eSports würde die aufputschenden Mittel nehmen.

Ein weiterer Gamer namens „Steven“ berichtete bereits im April 2015 Ähnliches. Er erzählte dem Magazin Eurogamer, dass er den Handel mit Adderall auf Wettbewerben mitbekommen habe: „Die meisten Leute besorgen sich die Medikamente unter einem Vorwand beim Arzt. Dann nehmen sie sie entweder selber oder verkaufen sie. Ich habe Leute gesehen, die Pillen für $10 bis $40 auf den Wettbewerben verkaufen“.

Die VeranstalterInnen hätten dabei weggeschaut, wohl wissend, dass sich die SpielerInnen mit illegalen Substanzen dopen. Bereits im August 2014 beschäftige sich ein weiterer eSportler in einem Aufsatz mit dem Titel „Doping in eSports – The almost invisible Elephant in the room“ intensiv mit der Thematik.

Die öffentliche Diskussion zwingt Electronic Sports League (ELS) nun, auf die Problematik zu reagieren. Schon am 22. und 23. August dieses Jahres sollen auf dem Counterstrike-Turnier in Köln in Zusammenarbeit mit der Nationalen Anti Doping Agentur aus Bonn (NADA) Doping-Tests durchgeführt werden. Allerdings soll es sich dabei zunächst um stichprobenartige Kontrollen handeln.

Viele GamerInnen sind süchtig

Für die GamerInnen sind die fehlenden Kontrollen vor allen Dingen ein gesundheitliches Problem. Die Medikamente führen bei der Einnahme zu erhöhter Hirnleistung und euphorischer Stimmung. Lampenfieber und Stress vor dem Wettkampf verschwinden. Für viele professionelle GamerInnen ist diese Wirkung verlockend. Jedoch folgt der Euphorie meistens der Absturz. Schlafmangel, Appetitlosigkeit, Aggressivität und Depressionen sind nur einige der Nebenwirkungen, mit denen die meisten KonsumentInnen zu kämpfen haben.

Viele SpielerInnen entwickeln nach wenigen Einnahmen eine körperliche und psychische Abhängigkeit von den leistungssteigernden Drogen. Ohne flächendeckende Kontrollen ist es für einzelne SportlerInnen schwierig, auf das Doping zu verzichten. Dazu ist die Konkurrenz auf professionellen Sportveranstaltungen zu hoch. Wenn nur ein/e ZockerIn die Pillen nimmt, können die anderen einpacken.

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