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Doping-Causa HoffenheimPädagogisches Urteil

Die Hoffenheimer Fußballer, die zu spät zur Dopingkontrolle erschienen sind, werden nicht bestraft. Doch der Klub und dessen nachlässige Betreuer müssen mit einer Bestrafung rechnen.

DFB-Vizepräsident Rainer Koch hofft, dass die Fussballer aus der Hoffenheimer Affäre lernen werden. Bild: reuters

FRANKFURT taz Ein Arzt und ein Physiotherapeut von 1899 Hoffenheim sowie ein DFB-Kontrollarzt und dessen Assistent sind die neuen Beschuldigten in der Doping-Causa Hoffenheim. Die Kicker Andreas Ibertsberger und Christoph Janker wurden dagegen exkulpiert.

Nach eingehender Beratung und Befragung ist die Antidopingkommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu dem Schluss gekommen, dass das verspätete Erscheinen der beiden Fußballprofis zu einer Dopingkontrolle keine Sperren der Spieler nach sich zieht. Dafür stehen öffentlich nun Mannschaftsarzt Dr. Pieter Beks und Physiotherapeut Peter Geigle, in Zweitfunktion Dopingbeauftragter bei 1899 Hoffenheim, am Pranger, ferner hat der Verband bereits seinen Kontrollarzt Dr. Rainer Klischies und Assistent Frank Cleve vom Dienst suspendiert.

Mit dieser Entscheidung kann 1899 Hoffenheim offenbar gut leben. "Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass die Jungs da nicht etwas ausbaden müssen", erklärte Klubmäzen Dietmar Hopp. Hoffenheims Abwehrspieler können heute gegen Werder Bremen mitwirken. Beks und Geigle drohen nun bei einem Verfahren vor dem Sportgericht Geldstrafen, Sperren oder Funktionsverbote. Gleichwohl wird auch der Herbstmeister nach der mündlichen Verhandlung in diesem Monat wohl noch bestraft: Beim Verstoß gegen die Antidopingrichtlinien des DFB kann eine Geldstrafe bis zu 150.000 Euro oder sogar ein Punktabzug verhängt werden. Für Letzteres muss ein schwerwiegender Fall vorliegen.

Das Resümee von DFB-Vizepräsident Rainer Koch, dem Vorsitzenden der Antidopingkommission, warf kein gutes Licht auf die Überflieger der Liga: "Das war keine verantwortungsvolle Kontrolle, sondern eine Alibi-Veranstaltung." Nach den Ermittlungen des Kontrollausschusses stand fest, dass nach dem Bundesligaspiel Mönchengladbach gegen Hoffenheim am 7. Februar bei der Dopingkontrolle ziemlich viel schiefging. So wusste Hoffenheims Dopingbeauftragter Geigle wie üblich in der 75. Minute, dass Ibertsberger und Janker zur Kontrolle ausgelost waren, doch habe er beim Jubeln über den späten Ausgleich mit dem Schlusspfiff die Benachrichtigung der Spieler schlicht vergessen, wie der stellvertretende Kontrollausschussvorsitzende Robert Weise schilderte. Zwar erschien Hoffenheims Mannschaftsarzt Beks im Kontrollraum, nicht aber die zwei Spieler, die Beks erst danach - und damit fahrlässig verspätet - aus der Kabine in den Kontrollraum führte.

Als Konsequenz soll nun auch ein sogenanntes Chaperon-System in der Bundesliga eingeführt werden. Das sind neutrale Hilfspersonen, die die zur Dopingprobe ausgelosten Profis ähnlich wie im Radsport nicht mehr aus den Augen lassen. Diesem Vorschlag will das DFB-Präsidium folgen, wie Präsident Theo Zwanziger andeutete. Die Nationale Antidopingagentur (Nada) hält nach Rücksprache mit den DFB-Instanzen den Verzicht auf Sperren auch für rechtens, will den Fall aber noch eingehend prüfen. Es könnte auch noch passieren, dass die Welt-Antidopingagentur (Wada) wegen des Freispruchs den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anruft.

Koch hofft zuvörderst, dass der Vorfall aus dem Gladbacher Borussia-Park - der im Liga-Alltag ja längst kein Einzelfall gewesen sein soll - eine "nachhaltige pädagogische Wirkung" hat. Die Zeiten, in denen Oliver Kahn mal in Madrid einen Urinbecher an die Wand warf und für diese eigene Interpretation zum Sinn von Dopingkontrollen noch öffentliche Belustigung auslöste, sind jedenfalls vorbei. Koch: "Dieser neue Fall bewirkt hoffentlich mehr als alle Schulungen." Denn noch drei Tage vor der "unentschuldbaren Pflichtverletzung" (Koch) hatte seine Kommission alle Mannschaftsärzte und Dopingbeauftragten der Klubs in der Frankfurter Verbandszentrale versammelt, um auf die penible Einhaltung der Vorschriften zu achten.

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1 Kommentar

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  • S
    Sportsfreund

    Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass taz.de nicht einen einzigen Bericht zum Spiel St. Pauli vs. Rostock und v. a. den Ausschreitungen danach bringt.

     

    Weiterhin verstehe ich nicht, wieso taz.de nicht über die Berufung von Mesut Özil ins Nationalteam und v. a. die Anfeindungen auf seiner Homepage berichtet hat.

     

    Hab ich was übersehen? Oder scheut ihr euch über solche Dinge zu berichten, weil es möglicherweise nicht politisch korrekt ist?