piwik no script img

Dokuserie über InternetportalDie große „Buzzfeed“-Show

Nun kommt die neue Dokuserie „Follow this“ über „Buzzfeed“ auf Netflix. Sie ist allerdings vor allem eins: Werbung.

Die neue Netflix-Serie „Follow this“ ist vor allem Werbung für Buzzfeed Foto: imago / ZUMA Press

Berlin taz | Eine Reporterin liegt in einem weißen Raum und lässt eine elektrische Zahnbürste über sich kreisen. Die Frau ist Teil einer Live-ASMR-Show. ASMR ist eine Form der Hypnose, ein Kopfkribbeln, das Orgasmen fürs Gehirn und Entspannung bescheren soll. Bei Live-ASMR lassen sich Menschen während dieser Prozedur filmen. Elf Millionen Videos gibt es schon bei YouTube. Zeit, für die Reporterin des Online-Portals Buzzfeed, den Trend selbst zu probieren.

Ihre Recherche ist Teil der neuen Serie „Follow this“ auf Netflix, die seit Donnerstag bei dem Streaminganbieter zu sehen ist. ReporterInnen von Buzzfeed folgen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen. Viele spielen sich irgendwie in diesem Internet ab, aber nicht alle. So porträtiert die Reihe auch die deutsche Reporterin Juliane Löffler, die zum Leben von intersexuellen Menschen recherchiert. Löffler geht in der Episode der Frage nach, wie das geplante Gesetz für ein drittes Geschlecht das Leben von Intersexuellen ändern wird.

All diese Recherchen sind einen Blick wert. Für Netflix, das nach Unterhaltung nun auch zunehmend auf exklusive Dokumentationen setzt, sind sie ein Gewinn. Am meisten dürfte aber Buzzfeed profitieren, denn die Reihe ist vor allem eines: eine Image-Offensive für das Portal. Sie stellt die ReporterInnen und Buzzfeed selbst ins Zentrum. Die eigentlichen Protagonisten wirken mithin nebensächlich.

Da sitzen Buzzfeed-ReporterInnen in Buzzfeed-Büros vor Buzzfeed-Laptops oder schreiben mit Buzzfeed-Kugelschreibern in Buzzfeed-Blöcke. Sind die JournalistInnen unterwegs, dann sieht das Skript in jeder einzelnen Folge vor: Sie rufen ihre Buzzfeed-KollegInnen an, um zu erzählen, was sie für Buzzfeed wieder Irres recherchiert haben. Passenderweise ist die Reihe über Buzzfeed-Reporter dann auch gleich eine Produktion von – Überraschung! – Buzzfeed. Netflix bekommt die Inhalte, Buzzfeed die Werbefläche.

Am meisten dürfte aber Buzzfeed profitieren, denn die Reihe ist vor allem eines: eine Image-Offensive für das Portal

Dass sich Redaktionen inszenieren oder inszeniert werden, ist nicht neu. Motherboard, ein Ableger von Vice, hat eine Doku gedreht, in der die eigenen ReporterInnen den „größten Fragen der Wissenschaft“ nachgehen. Der Film läuft erst in Kinos, dann exklusiv auf Netflix. Im US-amerikanischen Pay-TV läuft gerade eine Serie über die New York Times und deren KorrespondentInnen für das Weiße Haus. Da war ein opulentes Making-of von Buzzfeed, das journalistisch inzwischen tatsächlich viel auffährt und die entsprechende Wahrnehmung sucht, eigentlich nur eine Frage der Zeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!