piwik no script img

Dokumentarfilm "Cesars Grill"Geschichte einer Annäherung

Dem Hamburger Filmemacher Dario Aguirre gelingt eine großartige Dokumentation über die Beziehung zu seinem Vater.

Mögen beide Kappen: Sohn Dario und Vater Cesar. Bild: Foto: Filmtank Audience

HAMBURG taz | Dario Aguirre hat viel unternommen, um ein anderes Leben als sein Vater zu führen. Mit 19 hat Dario seine Heimatstadt Ambato in Equador verlassen, um in Hamburg Kunst zu studieren – Darios Vater ist nie weggegangen aus Equador. In Hamburg wurde Dario Vegetarier, während sein Vater in Ambato ein Grill-Restaurant betrieb. In Hamburg machte Dario Filme und Musik, während sich sein Vater vor allem für Fußball interessiert. Dario und sein Vater trennen also Welten – und ein Ozean sowieso.

Das ist die Ausgangssituation des Dokumentarfilms „Cesars Grill“, der davon erzählt, wie Dario und sein Vater ihre Vater-Sohn-Beziehung wieder ins Lot bringen. Dabei ist Dario Aguirre keine Filmfigur, es gibt ihn wirklich, genauso wie es seinen Vater und den Grill in Ambato gibt. Dario Aguirre hat es hingekriegt, seine eigene Familiengeschichte so zu dokumentieren, dass dabei ein grandioser Film herausgekommen ist. Zu sehen ist er in verschiedenen Programmkinos.

Eines Tages bekommt Dario in Hamburg einen Anruf: Sein Vater ist hoch verschuldet und braucht seine Hilfe. Also fliegt er nach Equador und versucht, den Grill auf Vordermann zu kriegen. Mit seinem an Deutschland geschulten Blick macht Dario seinem Vater Verbesserungsvorschläge für das Restaurant. Aber sein Vater blockt ab.

Schnell wird klar, dass die Sache mit den Schulden und dem Grill nur ein untergeordnetes Problem ist. Das eigentliche Problem ist, dass Vater und Sohn nicht miteinander reden können. Sie schätzen und lieben sich, können sich aber nicht artikulieren.

Zugleich ist Dario auf der Suche nach sich selbst und ahnt, dass er viele seiner Eigenschaften vom Vater geerbt hat, an den er aber nicht rankommt. In dieser Situation erkrankt die Mutter an Krebs. Bevor sie stirbt, sagt sie über ihren Mann: „Ich habe ihn nie zum Reden gebracht.“

Wunderbar gelassen erzählt Aguirres Film diese schwere Familiengeschichte: Nichts wird beschönigt, nichts dramatisiert, und wenn Vater und Sohn zum Ende des Films endlich ein offenes Gespräch hinbekommen, sind die Tränen, die dabei fließen, weder peinlich noch kitschig.

Dario Aguirre ist es gelungen, einen beeindruckend unaufgeregte Ton zu treffen für eine Geschichte, die ans Eingemachte geht. Was ihm dabei hilft, sind seine Songs, die er immer wieder singt, in einem alten Theater über den Dächern der Stadt.

Außerdem hilft die Coolness, die die Menschen um ihn herum an den Tag legen: Ob sich die Wand im Restaurant für eine Durchbruch eignet oder ob dann alles einstürzt? „Wir wissen es nicht“, sagt einer der Freunde. „Aber wenn wir es ausprobieren, dann wissen wir es.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!