Doku über Charlotte Rampling: Außergewöhnlich angeeckt
Zum Auftakt einer Hommage zeigt 3sat die Dokumentation „The Look“ mit und über Charlotte Rampling (Sonntag, 22 Uhr).
Man kann ja mal spekulieren, wann die deutsche Filmemacherin Angelina Maccarone wohl auf die Idee gekommen sein mag, einen Dokumentarfilm, ihren ersten, über und mit Charlotte Rampling zu drehen. Es könnte Ende 2007 gewesen sein, als Maccarone mit ihrem „Tatort: Wem Ehre gebührt“ aneckte. Der Vorwurf lautete damals, sie bediene alte Inzestvorurteile gegenüber der Religionsgemeinschaft der Aleviten.
Anecken ist nämlich etwas, worauf sich auch die Schauspielerin Charlotte Rampling bestens versteht. Man könnte meinen, dass sie es – zumindest auch – darauf anlegt. Der Film „Der Nachtportier“ aus dem Jahr 1974 handelte von der sadomasochistischen Beziehung einer KZ-Überlebenden zu ihrem SS-Peiniger und hat so viele Hasstiraden auf sich gezogen wie kein zweiter Film. Auch wenn man mit solchen Superlativen natürlich vorsichtig sein muss.
Der SS-Mann in diesem Film hieß Max, so wie der Schimpanse, der in Nagisa Oshimas „Max mon amour“ (1986) Ramplings Liebhaber ist. Die Zusammenarbeit mit dem häufig als Skandalfilmer bezeichneten Oshimas (sein Film „Im Reich der Sinne“ wurde auf der Berlinale 1976 beschlagnahmt) war ganz nach Ramplings Geschmack. So wie die mit dem Fotografen Juergen Teller. Dessen zwei Jahrzehnte später von Rampling und sich selbst gemachte Nacktfotos eckten ebenfalls an.
Im Film stimmt Rampling noch einmal Friedrich Hollaenders Lied „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ an, auf Deutsch, wie im „Nachtportier“. Juergen Teller erzählt sie von den Nacktfotos, die Helmut Newton von ihr gemacht hat: „Er wusste nicht recht, was tun. Er hatte bis dahin noch nie Aktfotos gemacht.“
„Ein Selbstporträt durch andere“, verspricht der Vorspann des Films. Rampling trifft also auch den Fotografen Peter Lindbergh, den sie fotografiert; den Schriftsteller Paul Auster; ihren Sohn Barnaby Southcombe und fünf weitere Menschen. Sie spricht mit ihnen über vorher mit Maccarone abgestimmte Themen: mit Teller über Tabus, mit Lindbergh übers Exponiertsein, mit Southcome über Resonanz und mit Auster übers Alter.
„Jeden Morgen bist du einen Tag älter. Das sollte man akzeptieren. Dann ist das Leben etwas einfacher“, sagt Rampling übers Alter. Die Frau, die das Anecken nicht scheut, schreckt auch vor Plattitüden nicht zurück. Und ebenso wenig davor, einen wildfremden Pariser Rentner spontan auf den Mund zu küssen. Der außergewöhnliche Dokumentarfilm ist der Auftakt einer Hommage: 3sat zeigt bis Monatsende drei Spielfilme mit der außergewöhnlichen Charlotte Rampling.
„The Look“, 3sat, Sonntag, 25.11., 22 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus