Doku über Bastian Schweinsteiger: Einfach zum Heulen
Bastian Schweinsteiger ist einer der großen Fußballhelden des Landes. Til Schweiger hat eine filmische Hagiografie über ihn produziert – mit Gefühl.
Er spielt halt gerne. Und so richtig witzig findet es Bastian Schweinsteiger nicht, wenn er verliert. Auch gegen seine Frau Ana, die ehemalige Nummer eins im Tennis, würde er gerne gewinnen. Er gewinnt aber nicht. Schiedsrichter Fred Schweinsteiger, der Vater des Verlierers, kann nur darüber lachen, dass sein Sohn doch tatsächlich über einen von ihm Aus gegebenen Ball diskutieren will. Eine nette Familie, diese Schweinsteigers, soll sich wohl denken, wer sich die Doku über den Helden des WM-Finales von 2014 anschaut. „Schw31ns7eiger – Memories von Anfang bis Legende“, ein Film von Regisseur Robert Bohrer gibt es seit Freitag auf Amazon zu sehen.
Fast zwei Stunden Schweini, zwei Stunden Nettigkeiten von ihm und über ihn. Eine Sportlerkarriere, mit vielen Tiefen und noch mehr Höhen, als hätte sie sich jemand für einen Werbespot eines Sportartikelherstellers ausgedacht. Und ein Privatleben, das so kitischig daherkommt, dass selbst die abgehärtetsten Rosamunde-Pilcher-Ultras heulen müssen wie die Schlosshunde. Oder zumindest so wie Bastian Schweisteiger, als der Brautvater seine Zukünftige zum Altar der prächtigen Kirche Santa Maria della Misericordia in Venedig führt.
Rührend sind auch die Bilder aus der Kindheit: Papa Schweinsteiger hat das Leben seiner Kinder mit seinen Videokameras so intensiv dokumentiert, als wüsste er, dass sie einst für einen Heldenepos über seinen Basitan gebraucht würden. Und es ist auch gar zu goldig anzusehen, wie der Minischweini seine ersten Skier zu Weihnachten geschenkt bekommt. Schluchz.
Schweinsteiger erzählt, dass er es genieße, wenn ihm Anerkennung zu Teil werde, dass ihm das zugleich auch unangenehm wäre und dass er deshalb so manche Träne verdrückt habe. Dann heult er wieder Rotz und Wasser, als er sich nach seinem letzten Karrierespiel für Chicago Fire von seiner Mannschaft verabschiedet. Da begleitet ihn schon eine Kamera, inszeniert ihn auf seiner letzten Reise zu einem Stadion. Schweinsteiger ist da schon Held, hat den Status eines gewöhnlichen Erdenbürgers längst verlassen. Heulen muss er trotzdem.
Schlüsselszenen eines Lebens
Der Film über den Sportler Schweinsteiger kreist um die drei wichtigsten Spiele seiner Karriere: um das Champions-League-Finale Dahoam von 2012 gegen den FC Chelsea, das sein FC Bayern auch deshalb verloren hat, weil er im Elfmeterschießen den Ball an den Pfosten gesetzt hat (schluchz), um den Champions-League-Erfolg gegen Borussia Dortmund im Jahr darauf (heul) und natürlich den WM-Triumph gegen Argentinien 2014 in Rio de Janeiro, in dem er in den Legendenstatus aufsteigt (schluchz). Wem die Bilder nicht genug sind, den wird gewiss die gefühlsduselige Musik zum Weinen bringen.
Weggegefährten aus dem Fußball schwärmen zwischen all den Bildern vom Rasen oder von Fred Schweinsteigers Videokassetten von all dem, was dem Helden auf seinem Weg begegnet ist. Da gibt es bemerkenswerten Beifang: Wer sich etwa schon einmal gefragt hat, warum Karl-Heinz Rummenigge, der Boss des FC Bayern, bisweilen so griesgrämig dreinschaut, der erfährt, dass sich der gute Mann jedes Jahr im Urlaub auf Sylt das verlorene Finale Dahoam noch einmal anschaut. Der Ärmste.
Oliver Kahn darf sagen, wie schlimm es ist, vor 400 Millionen Menschen als Versager dazustehen und Jupp Heynckes fällt die Rolle desjenigen zu, der sagt, dass sich der gute Bastian immer treu geblieben ist. Vom Auftritt Thomas Müllers im Film wird wohl vor allem der gewalltige Rollkragen seines roten Pullis in Erinnerung bleiben. Und über Till Schweiger, den Produzenten des Films, wissen wir jetzt, dass er nach der Halbfinalniederlage der Deutschen bei der Heim-WM gegen Italien noch am Morgen danach hat weinen müssen.
Das Fazit ist naheliegend: So viel Salzwasser war selten in einem Sportfilm. Schluchz!
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