Doch kein teurer Rechtsstreit: AKW Grohnde wieder am Netz
Das Atomkraftwerk Grohnde liefert wieder Strom. Zuvor hatte das Umweltministerium die Genehmigung wegen Verdachts auf Pfusch bei Reparaturarbeiten gestoppt.
HAMELN dpa/lni | Das Atomkraftwerk Grohnde ist nach zweimonatiger Überprüfung und einem Streit zwischen Umweltministerium und Betreiber Eon wieder am Netz. Der Meiler bei Hameln sei am Samstagabend wieder mit dem Stromnetz verbunden worden, teilte Eon am Sonntag mit. Das AKW war vor zwei Monaten für eine Revision abgeschaltet worden. Das Umweltministerium hatte den Neustart zunächst gestoppt, weil es Hinweise auf mögliche Mängel bei der Reparatur gegeben hatte.
Am Freitagabend wurde die Genehmigung dann aber doch erteilt. Eon habe den Nachweis erbracht, dass die Reparaturarbeiten ordnungsgemäß ausgeführt worden seien, teilte das Ministerium in Hannover mit. Dies habe auch der TÜV bestätigt, der Betriebsleiter in Grohnde habe die Vorwürfe in einer eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen.
Zuvor hatte Eon noch einen Eilantrag beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg gestellt, um das Wiederanfahren des Kraftwerks gerichtlich zu erzwingen. Für die zweimonatigen Arbeiten in Grohnde investierte Eon nach eigenen Angaben rund 63 Millionen Euro. Dabei waren außer einem Defekt an einem Generator Schäden an Drosselkörpern entdeckt worden, die den Wasserfluss zur Kühlung der Brennelemente steuern.
Die Anti-Atom-Initiative Ostwestfalen-Lippe hatte beklagt: Eon habe einen Riss an einer 30 Jahre alten Armatur unter Zeitdruck schweißen lassen, damit Grohnde an diesem Wochenende rasch wieder hochgefahren werden könne. Der Energiekonzern nannte die Kritik ein durchsichtiges, politisch motiviertes Manöver.
CDU-Fraktionschef Björn Thümler hielt Umweltminister Stefan Wenzel „ideologisches Agieren nach Gutsherrenart“ vor: „Keine 24 Stunden später haben sich alle Vorwürfe in Luft aufgelöst und er kann seine Genehmigung bedenkenlos erteilen – das ist doch eine reine Farce.“ FDP-Fraktionsvize Stefan Birkner äußerte sich ähnlich: „Wie bereitwillig der grüne Umweltminister seine aufsichtsrechtlichen Pflichten den Befindlichkeiten seiner Parteifreunde unterordnen wollte, ist befremdlich und unerhört.“
Wenzel sagte dazu: „Die meinem Ministerium und mir unterstellten Vorwürfe der politischen Willkür und des Rechtsbruchs weise ich auf das Entschiedenste zurück.“ Das Ministerium habe sich streng an Recht und Gesetz gehalten.
Das Atomkraftwerk Grohnde läuft seit 1984, es soll nach Plänen der Bundesregierung 2022 als letzter niedersächsischer Atomreaktor abgeschaltet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt