piwik no script img

Disziplinarverfahren gegen AfDler SeitzEntscheid gegen Beamtenstatus

Ein Gericht in Baden-Württemberg entscheidet gegen Staatsanwalt und AfD-Abgeordneten Thomas Seitz. Er habe seine Pflichten als Beamter verletzt.

Thomas Seitz, AfD-Abgeordneter, soll seinen Beamtenstatus verlieren Foto: dpa

Freiburg taz | Der Staatsanwalt und AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz soll seinen Beamtenstatus verlieren. Das entschied jetzt das baden-württembergische Richterdienstgericht. Seitz war bei der Staatsanwaltschaft Freiburg für Verkehrsdelikte zuständig. Für die AfD errang er bei der Bundestagswahl 2017 über die Landesliste ein Abgeordnetenmandat.

Das Landesjustizministerium hatte schon lange vor der Wahl ein Disziplinarverfahren gegen Seitz eingeleitet. Dieser habe in seiner außerdienstlichen Tätigkeit, insbesondere in Wahlkämpfen, regelmäßig seine Pflichten als Beamter verletzt. So habe er gegen die Pflicht zur Mäßigung verstoßen, unter anderem weil er Flüchtlinge als „Invasoren“ titulierte.

Er habe die Pflicht zur Verfassungstreue verletzt, indem er den deutschen Staat als „Unterdrückungsinstrument“ bezeichnete. Und auch gegen die Pflicht zur Neutralität habe er verstoßen, weil er sich im Wahlkampf mit einer Robe über dem Arm ablichten ließ. Insgesamt 17 öffentliche Äußerungen wurden Seitz zur Last gelegt. Seitz wies die Vorwürfe zurück und berief sich auf die Meinungsfreiheit.

Die Vorsitzende Richterin Ute Baisch hatte in der mündlichen Verhandlung im August angedeutet, dass Seitz vor allem seine Mäßigungspflicht verletzt haben könnte. Manche Äußerungen seien wohl dem „rechtsextremen Gedankengut“ zuzuordnen.

Bisher hat das Richterdienstgericht den Beteiligten nur den Tenor der Entscheidung zugestellt, dass Seitz aus dem Dienst zu entfernen ist. Für die Begründung der Entscheidung haben die Richter noch einige Wochen Zeit. Seitz kann gegen das Urteil auch noch Rechtsmittel zum Richterdienstgerichtshof einlegen.

Ein Sprecher von Landesjustizminister Guido Wolf (CDU) sagte der taz: „Herr Seitz war als Staatsanwalt nicht mehr tragbar“. Seine Äußerungen hätten „das Vertrauen der künftigen Beteiligten eines Strafverfahrens in die Objektivität des betroffenen Staatsanwalts“ nachhaltig erschüttert. Seitz wollte wegen der fehlenden Begründung noch keine Stellung nehmen.

Nach Informationn der Sächsischen Zeitung war Seitz beim Chemnitzer „Trauermarsch“ von AfD und Pegida in der ersten Reihe gelaufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich finde das voll super, dass wir so viele vollrechtsradikale Staatsbedienstete haben. Sarrazin war zuvor Bundesbanker, nun also ein Richter.



    Die Funkhäuser will die AfD ja auch stürmen.

  • Schön wäre es, wenn Staatsanwaltschaft und Richter nicht wie bei uns weisungsgebundene Beamte, sondern Wahlbeamte wie in den USA wären. Wenn ausschließlich der Souverän entscheidet, welche Person geeignet ist.

    • @Frank Erlangen:

      Leicht gesagt...

      In Amerika müssen die Richter dafür alle paar Jahre Wahlkampf machen.

      Wie will ein "guter Richter", den aber keiner kennt in einer größeren Stadt wiedergewählt werden?



      Wie soll er sich gegenüber irgendwelchen Windelkandidaten durchsetzen?



      Das läuft dann genauso schlecht ab, wie man es erwartet. Letztlich wird oft das lauteste Großmaul gewählt.

      Ob das besser ist, weiß ich nicht.

      John Oliver hat dazu mal eine sehr informative Sendung gemacht (youtube).

  • Machen wir uns nichts vor. Solche wie Herr Staatsanwalt Seitz a.D. sind nicht nur bei der AfD zu Hause. Thilo Sarrazin (SPD), Herr Polizeigewerkschaft (CDU, Name fällt mir jetzt nicht ein) finden sich auch bei anderen Parteien. Sie trauen sich nur nicht aus ihrer Deckung. Wenn die AfD eines Tages in die Regierung kommt, und diese Vorstellung ist alles andere als das Unmögliche, dann sind solche Leute wie Herr Staatsanwalt a.D. der Normalfall in der Bürgerschaft. Dann würde es überall nur noch so wimmeln von solchen Leuten. Dann würden sich in der Polizei, bei den Geheimdiensten und auch in der Justiz, diese Leute ausbreiten, sie würden den Kopf heben, sie würden sich zu erkennen geben, sie würden sich aus der Deckung wagen.



    Die Mutter aller Probleme sitzt woanders – im Gehirn vieler Landsleute. Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass schlummerten latent in vielen deutschen Gehirnen und wurden durch die Flüchtlingskrise virulent. Aus deutschen Köpfen kommt nur das heraus, was schon vorher drin war. Das eigentliche Problem sind also nicht die Migranten (auch wenn eine Reihe von ihnen Probleme bereitet), sondern die Deutschen.

    • @Nico Frank:

      Nix a.D. - das sind pensionierte Beamte! Der Herr Seitz dagegen soll gefeuert werden.

  • Wahrhaftig stacheln solche Äußerungen gewollt den Hass auf andere Menschen an und führen zu Straftaten. Da sehe ich es auch keinesfalls als schützenswerte "Meinung" an. Die gleichen Leute halten allerdings bemerkenswerter Weise Antifaschismus auch nach 1945 noch für eine Straftat. Von wegen, dass die für Meinungsfreiheit wären!

  • Ich kann das Wort "Meinungsfreiheit" aus dem Munde solcher Menschen nicht mehr hören, besonders wenn sie sich darüber beschweren, dass ihre "Meinung" Konsequenzen hat.