Diskussionen über Rassismus in Bautzen: Gegen Schweigen, für Akzeptanz
Im Deutsch-Sorbischen Volkstheater setzen sich Bewohner mit dem Image ihrer Stadt auseinander. Es gelingt ein kultivierter Auftakt.
Bautzen taz | Der Gestus der beleidigten Stadt ist spürbar bei dieser Sonntagsmatinee im Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. Nicht genug, dass sich Medien 2016 auf die Stadt stürzten, als das für Asylbewerber vorgesehene Hotel Husarenhof brannte und Flüchtlinge und die rechte Szene auf dem Kornmarkt aneinandergerieten.
Auch die kritische Bloggerin und Demokratiepreisträgerin Annalena Schmidt beschmutzt nach Ansicht mancher Bürger das Ansehen der Stadt. Und nun beschreibt eine Studie des Münsteraner Soziologen Sebastian Kurtenbach Bautzen auch noch als „Ort der Ausgrenzung“.
Im Februar endete eine entsprechende Diskussion mit 900 Teilnehmern in der Maria-Martha-Kirche noch in Tumulten. Nun wollen es das Theater und die Sächsische Zeitung mit der Reihe „Zur Sache Bautzen“ besser machen. Tatsächlich gelang am Sonntag vor 300 Gästen ein kultivierter Auftakt.
An den Recherchen der Studie, die den Ausgangspunkt der Diskussion bildete, kommt ohnehin niemand vorbei. Ein Vierteljahr hatten Kurtenbach und drei weitere Wissenschaftler in Bautzen gelebt, 112 Interviews geführt, ein Viertel davon mit Flüchtlingen, Daten unter anderem des Verfassungsschutzes ausgewertet und an Debatten teilgenommen.
Blockaden auf allen Seiten
Eigentlich sei er 2017 mit der Erwartung nach Bautzen gekommen, die Vorfälle hätten einen Aufstand der Anständigen ausgelöst, sagte Kurtenbach. Das kenne er beispielsweise aus dem Ruhrgebiet. Doch diese Gegenempörung sei in Bautzen ausgeblieben.
Einige Zuhörer bestätigten dies mit eigenen Alltagsbeobachtungen: Migranten würden an Bushaltestellen stehen gelassen, nicht in Sportklubs aufgenommen, von Ärzten nicht behandelt, beschimpft, Kopftücher abgerissen. „Aus Schweigen wird Akzeptanz“, musste der Soziologe den Bautznern bescheinigen.
„Die Stadt soll sich nicht verrückt machen lassen“
Andererseits fühlen sich gerade die stillen Integrationshelfer und aktiven Demokraten von der Studie ungenügend gewürdigt. Das Negativimage der Stadt führt offenbar zu Blockaden auf allen Seiten.
„Die Stadt soll sich nicht verrückt machen lassen“, empfahl die Dresdner Politikwissenschaftlerin Cathleen Bochmann. Sie plädierte dafür, weiter mit Rechten und der AfD zu reden, machte aber zugleich eine unzureichende Methodik für das Scheitern bisheriger öffentlicher Gesprächsversuche verantwortlich. Hier bot sie Hilfe an.
Kurtenbach wiederum kritisierte die „kaputtgesparte demokratische Infrastruktur“ in Sachsen. Sein Rat wirkte allerdings akademisch: Die Errichtung einer Hochschule in der 40.000-Einwohner-Stadt könnte das Bautzener Klima entkrampfen.