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Diskussion um PflichtdienstAbmarsch für Wehrpflichtige

Politiker fast aller Fraktionen fordern Aus für die Wehrpflicht. Nun plädiert auch Außenminister Westerwelle für eine Freiwilligenarmee. Unions-Leute wollen das Ganze bremsen.

Bald nur noch Expertensache? Sächsische Bundeswehrsoldaten beim Pistolentraining. Bild: apn

Nach Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat sich nun auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) für eine Aussetzung der Wehrpflicht ausgesprochen. "Ich bin davon überzeugt, dass wir aus der Bundeswehr eine Freiwilligenarmee machen sollten", sagte Westerwelle dem Hamburger Abendblatt. Es sei nicht gerecht, wenn nur noch 16 Prozent eines Jahrgangs den Wehrdienst leisten, während andere in dieser Zeit ihre beruflichen Chancen verbesserten, argumentiert Westerwelle. Um die Notwendigkeit zum Sparen oder eine effizientere Armee gehe es ihm bei der Frage nicht.

Im Verteidigungsministerium wird zurzeit aus Sparzwängen über die Aussetzung der Wehrpflicht nachgedacht. Verteidigungsminister Guttenberg lässt derzeit verschiedene Modelle für den Wehrdienst durchrechnen. Von konservativeren Teilen seiner Partei wird er allerdings mit Widerstand rechnen müssen.

Henning Otte, Verteidigungsexperte der Unionsfraktion im Bundestag, betont, es werde nicht eine Abschaffung, sondern eine Aussetzung der Wehrpflicht diskutiert. Eine Änderung des Grundgesetzes solle es nicht geben. "Ob es gerecht oder ungerecht ist, wenn nicht alle eingezogen werden, kann nicht allein der Maßstab sein, sondern auch die sicherheitspolitischen Interessen", sagte Otte der taz.

Die Grünen fordern die Abschaffung der Wehrpflicht schon seit langem. Ein so enormer Einschnitt in die Grundrechte junger Männer sei durch die aktuelle sicherheitspolitische Lage nicht mehr zu rechtfertigen, sagte Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Malczak der taz. Stattdessen solle es eine Freiwilligenarmee geben. "Dann sind zivile und militärische Organisationen in der Pflicht, jungen Menschen ein attraktives Angebot zu machen", sagt Malczak. Die Zeit bei der Bundeswehr dürfe kein "Gammeldienst" mehr sein.

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, falls die Wehrpflicht abgeschafft werde, müsse es Anreize für freiwillige Dienste geben. Im Zivildienstbereich nannte er eine Weiterbildung vom Helfer zum Rettungssanitäter als Beispiel. Zudem solle die Vergütung von Wehr- und Zivildienst verbessert werden. Das häufig genannte Argument, durch eine Abschaffung der Wehrpflicht würden auch Zivildienstleistende wegfallen, hält Malczak für unsinnig. "Man kann die Wehrpflicht nicht über den Zivildienst begründen." Zudem gebe es Studien zufolge bis zu 130.000 junge Erwachsene pro Jahr, die bereit seien, ein Jahr Freiwilligendienst zu absolvieren.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Linke-Fraktion wirft Westerwelle vor, die Abschaffung der Wehrpflicht hinauszuzögern. "Die sofortige Abschaffung der Wehrpflicht wäre die konsequenteste, gerechteste und nebenbei auch kostengünstigste Lösung", sagt Paul Schäfer.

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6 Kommentare

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  • AW
    Adam Wacht

    So, so. Herr Westerwelle möchte die Wehrpflicht abschaffen. So behauptet die taz vom 15. Juli auf Seite 1. Auf Seite 6 ist dann nur noch vom „Aussetzen der Wehrpflicht“ die Rede – unklar bleibt, ob das erste Wunschdenken der taz, eine Profilierungsprojekt von Herrn Westerwelle oder gar das Ergebnis einer grundsätzlichen Reflexion über eine freiheitliche Grundordnung in der FDP ist. Oder ob die zweite Variante bereits das realpolitische Zugehen auf den Koalitionspartner und insbesondere auf den Verteidigungsminister ist, der ja schon seit längerem für ein Aussetzen der Wehrpflicht wirbt.

    Aber das kann uns eigentlich egal sein, weil die Frage eh vollkommen die falsche ist. Es geht nicht darum, ob wir ein Wehrpflichtarmee oder ein Freiwilligenarmee brauchen. Es geht zuallererst immer um die Frage, ob wir überhaupt eine Armee brauchen. Und die ist, nachdem alle wesentlichen positiven Veränderungen der letzten Jahrzehnte (Sturz der Diktaturen in Europa in den Neunzigern des vorigen Jahrhunderts) von zivilen, gewaltfreien Bewegungen durchgesetzt wurden, militärische Apparate sich jedoch als unfähig erwiesen haben, Terroranschläge wie die in New York, Madrid und London zu verhindern, und erst recht daran scheitern, Länder wie den Irak oder Afghanistan zu demokratisieren oder auch nur oberflächlich zu befrieden, eigentlich eindeutig beantwortet: Nein, brauchen wir nicht.

    Ein besonders dümmliches Argument steuert daher laut taz eine Vertreterin der ehemals pazifistischen „Grünen“ bei: die „zivilen und militärischen Organisationen “ (letztere könnte man auch einfach „Bundeswehr“ nennen, was die Gefahr der Gleichsetzung oder gar Verwechselung mit einer Friedensorganisation doch entschieden verringern würde) sollten „attraktive Angebote“ machen. Etwa so: „Komm zu uns, reise in fremde Länder, triff interessante Menschen…mitten zwischen die Augen!“?

    Liebe Grüne, man darf ja – wenn man gute Gründe dafür hat - durchaus seine Meinung ändern. Wenn’s sein muss, auch in grundsätzlichen Fragen. Was man nicht darf, ist hinter den bereits einmal gewonnenen Stand der Erkenntnisse zurückfallen. Und das ist das, was Ihr als Organisation getan habt: Ihr seid schlicht hinter den in der Friedensforschung und –bewegung bereits in den achtziger Jahren erreichten Wissensstand zurückgefallen. Ihr ignoriert einfach alle Argumente gegen die Erfolgsmöglichkeiten bewaffneter Interventionen, die ihr damals noch gekannt und vertreten habt – und zwar obwohl es inzwischen deutlich mehr historische Belege für sie gibt.

    Also: Lasst uns die Bundeswehr abschaffen, nicht die Wehrpflicht. Danach können wir uns gerne darüber unterhalten, ob wir einen verbindlichen sozialen oder ökologischen Dienst für junge Menschen einführen wollen – in zivilen Organisationen und Aufgabenfeldern, wie es taz.de –Nutzer Holger App und andere vorschlagen.

     

    Adam Wacht

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  • FN
    Frank Nadermann

    Abschaffung der Wehrpflicht; Das hoert sich doch zunaechst sehr gut an. Ein zweiter Blick offenbart, dass damit nicht die Einstellung von Kriegshandlungen gemeint ist.

     

    Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Malczak: "Stattdessen solle es eine Freiwilligenarmee geben. "Dann sind zivile und militärische Organisationen in der Pflicht, jungen Menschen ein attraktives Angebot zu machen", sagt Malczak. Die Zeit bei der Bundeswehr dürfe kein "Gammeldienst" mehr sein."

     

    Im Gegenteil. "Menschenjagd" im Staatsauftrag als attraktives Angebot an junge Menschen, ohne bezahlte Feuerpausen und nachfolgende Versorgungsansprueche des waffenfuehrenden Personals. Da kommt man auch bei den Gruenen ins Schwaermen.

    Schluss mit der Gammelei; Fuer die blosse Anwesendheit waehrend des Wehrdienstes wird nicht mehr gezahlt!!

    Statt Gammelei zu finanzieren wird hier der Einsatz von Steuermitteln gereadzu vorbildlich von den Ergebnissen her betrachtet. Und gerecht ist es auch noch, wenn die in staatlichem Auftrag vollzogene Waffengewalt fuer die "Soeldner" nicht die deren Karriere behindert.

     

    Dann ist ja alles in bester Ordnung.

    Knoecheltief im Blut stehend ist von Krieg nichts mehr zu sehen. Ein Traum fuer Regierungen. Ein Albtraum fuer die Opfer.

  • E
    Edelweiss

    Die Wehrplicht ist überholt, "die Russen sind nicht mehr an der Elbe". Als Ersatz für den Zivildienst wurde von dieser geliebten Bundesregierung die sog. "Bürgerarbeit" erfunden.

     

    Freiwillige lassen sich leicher überrall hinschicken....wozu haben wir schließlich die vielen neuen A400M gekauft?

  • H
    Horst

    Die Wehrpflicht war schon immer ungerecht, schließlich wird sie in höchst sexisitischer Weise nur von einem Geschlecht abverlangt.

  • E
    El-Watschiri

    Wenn der Staat was will, soll er gefälligst nach Tarifvertrag bezahlen. Das gilt ja in anderen Bereichen auch und fördert den Gleichheitsgrundsatz. Keine zivile Sklavenarmee mehr im sozialen Bereich !

  • J
    jury_DD

    man könnte natürlich auch die eingesparten Mittel aus der Wehrpflicht nehmen und damit richtige Jobs im sozialen Sektor schaffen.

     

    Wieso muss man denn als Sozialstaat darauf bauen, junge Menschen zum Zivildienst zu schicken um Personal für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen etc. zu akquirieren. Es gibt sicherlich sehr viele Menschen - darunter auch der ein oder andere Erwerbslose - die die Arbeit mit Menschen sehr gerne machen würden. Insbesondere wenn sie damit auch einen sicheren und fair bezahlten Job haben.