Diskussion um EEG-Ausnahmen: Viel Wind um vorerst nichts
Die EU-Kommission hat die deutsche Förderpolitik für erneuerbare Energien auf dem Kieker. Schon ein Dementi über ein Verfahren aus Brüssel sorgt für Hektik.
BERLIN taz | Wird die EU-Kommission eine Breitseite gegen die Energiewende abfeuern? Seit November 2012 starrt man hierzulande nach Brüssel, weil dort Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia seine Beamten prüfen lässt, ob die Ausnahmen, die Teile der deutschen Industrie bei der EEG-Umlage genießen, unerlaubte Beihilfen darstellen.
Seit Montag nun ist klar: Man weiß es noch nicht. Der Spiegel hatte gemeldet, Almunia werde am Mittwoch ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eröffnen, was die Kommission dementierte: „Die Voruntersuchung ist noch nicht zu Ende. Auf jeden Fall wird es vor der Sommerpause keine Entwicklungen mehr geben“, teilte eine Sprecherin mit. Gerüchte, das gesamte deutsche EEG stehe zur Disposition, wollte die Kommission nicht kommentieren. Selbst wenn die EU feststellt, dass es sich bei den Ausnahmen um Staatshilfen handelt, könnten sie trotzdem mit EU-Recht vereinbar sein.
Doch bereits ein Gerücht über einen möglichen Termin zur Eröffnung eines Verfahrens, dessen Ausgang völlig offen ist, sorgt in Deutschland für nervöse Zuckungen. Inhaltlich geht es um die sogenannte besondere Ausgleichsregelung: Unternehmen, die mindestens eine Gigawattstunde Strom im Jahr beziehen und dafür mindestens 14 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung bezahlen, sind für den weiteren Stromverbrauch von der EEG-Umlage fast komplett befreit. Mit der Umlage zahlen die restlichen Stromkunden den gesetzlich garantierten Abnahmepreis für grüne Energie. Der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) fordert immer wieder, das deutsche EEG durch ein europaweites System zu ersetzen.
Wenn nun Brüssel in den nach allen Seiten fein ausbalancierten deutschen Paragrafen rumstochert, bröselt schnell das ganze Konstrukt. „Sollten die Befreiungen von der EEG-Umlage abgeschafft werden, wird das die deutsche Industrielandschaft schwer erschüttern. Die Härtefallregelung ist für die energieintensive Industrie überlebensnotwendig“, sagt etwa Jörg Rothermel, Geschäftsführer des Verbands Energieintensive Industrien in Deutschland.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte, bereits ein Beihilfeverfahren würde Unternehmen zwingen, Rückstellungen zu bilden – denn theoretisch könnte die Kommission die deutschen Unternehmen dazu verdonnern, die gesparten EEG-Beträge der letzten zehn Jahre nachzuzahlen. Das könne, sagt Rothermel, schnell dreistellig werden.
Verbraucher zahlen 4 Milliarden mehr
Politisch wäre ein EU-Verfahren vor der Bundestagswahl heikel. Das schwarz-gelbe und das rot-grüne Lager müssten den Wählern erklären, wer nun Schuld am Brüssler Rüffel trägt. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle forderten kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorsorglich, die Energiewende vorerst auszusetzen. „Die christlich-liberale Koalition hat schon viel gegen die Spätfolgen der rot-grünen Subventionspolitik getan“, schrieben die beiden.
„Die Bundesregierung wurde von Experten gewarnt, dass eine übermäßige Ausweitung der Ausnahmen zu Problemen mit der EU führt“, kontert die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn. Tatsächlich sind die Ausnahmen von Rot-Grün eingeführt und von Schwarz-Gelb ausgeweitet worden. Mindestens 4 Milliarden Euro müssen so die restlichen Stromverbrauchern zusätzlich aufbringen. Ursprünglich ging es um Erleichterungen für die deutsche Schwerindustrie. Mittlerweile sind Unternehmen wie die Weimarer Wurstwaren, Storck Schokoladen oder der Klopapierhersteller Kimberly-Clark befreit.
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