Kostspielige Ökostromumlage: Die neue Strompreis-Panik
Das Umweltministerium warnt vor einem weiterem Anstieg der Ökostromumlage. Grund ist das niedrige Preisniveau an der Strombörse – und davon hat der Verbraucher nichts.
BERLIN taz | Es klingt mal wieder dramatisch. Um knapp 20 Prozent könnte die Ökostromumlage im nächsten Jahr steigen – von derzeit 5,3 Cent auf dann 6,2 Cent pro Kilowattstunde Strom. Das geht aus einer neuen Schätzung des Bundesumweltministeriums hervor.
Während Medien umgehend „zu viel Sonne“ (Bild) oder „wachsende Ökostromeinspeisung“ (FAZ) dafür verantwortlich machen, ist das Ministerium selbst differenzierter. Dort heißt es, dass das niedrige Preisniveau an der Strombörse der Hauptgrund für die erwartete Entwicklung der Ökostromumlage sei.
Mit dieser Umlage, die im Erneuerbaren-Energien-Gesetz geregelt ist und darum auch EEG-Umlage genannt wird, wird Strom aus Wind, Wasser, Biomasse und Sonne gefördert. Sie berechnet sich aus der Differenz zwischen den festen Vergütungen, die die Betreiber von Ökostromanlagen bekommen, und dem Preis an der Strombörse in Leipzig. Darum steigt sie einerseits, wenn mehr Ökostrom ins Netz gespeist wird, und andererseits, wenn der Börsenpreis fällt.
Mehr Ökostrom hat es im ersten Halbjahr 2013 aber nicht gegeben. Wegen des schlechten Wetters ging die eingespeiste Menge nach den bisherigen Zahlen sogar erstmals leicht zurück. Der Börsenpreis für Strom ist hingegen deutlich gesunken. Statt bei über 5 Cent pro Kilowattstunde, wie in Prognosen erwartet, lag er bei 4 Cent – vor allem weil Kohlestrom wegen des Verfalls der Preise für CO2-Zertifikate derzeit sehr billig ist.
Die treuesten Kunden zahlen am meisten
Auch wenn die EEG-Umlage dadurch rechnerisch steigt, dürfte sich an den Strompreisen der Verbraucher eigentlich nicht viel ändern. Denn auch ihr Strom wird – meist in Form sogenannter Futures, also der Preise für später gelieferten Strom – an der Börse gehandelt oder orientiert sich zumindest an deren Preisen. Und auch die sind in den letzten Jahren kräftig gesunken (siehe Grafik). Doch dieser Preisrückgang kommt bei vielen Kunden nicht an.
„Vor allem in Grundversorgertarifen geben die Anbieter die Preissenkung kaum weiter, sondern stecken sie selbst ein“, sagt Felix Mathes, Energieexperte beim Öko-Institut. „Zur Kasse gebeten werden dabei jene 40 Prozent der Haushalte, die noch nie den Anbieter gewechselt haben; darunter ein Viertel, die es wegen fehlender Bonität nicht können.“
Die Grundversorger, die sich über steigenden Margen freuen können, sind je zu einem Drittel Stadtwerke, Regionalversorger und die großen Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW.
Obwohl ihre Marktanteile und Gewinne aus konventionellen Kraftwerken aufgrund der Energiewende zurückgehen, kann sich deren Bilanz darum weiterhin sehen lassen. RWE erwartet nach 6,4 Milliarden Euro Gewinn im Jahr 2012 in diesem Jahr noch 5,9 Milliarden. Eon peilt einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe