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Diskussion um DatenschutzJustizministerin doch gegen Datenbrief

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat den vom Chaos Computer Club geforderten Datenbrief auf einem Kongress als unpraktikabel kritisiert. Noch im März hatte sie sich dafür ausgesprochen.

Theoretisch dafür, praktisch dagegen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) findet den Datenbrief inzwischen nicht mehr so gut. Bild: dpa

BERLIN taz | Der so genannte Datenbrief hat eine wichtige Fürsprecherin verloren. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Kehrtwende gemacht und zweifelt nun offenbar an der Praxistauglichkeit.

Obwohl er "eigentlich eine gute Idee" sei, kritisierte Leutheusser-Schnarrenberger am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion auf dem 11. Datenschutzkongress in Berlin: "Die Realisierung des Datenbriefes würde zu Problemen führen, die man damit eigentlich vermeiden wollte."

Die Justizministerin ging auch auf die Frage an, wer für einen solchen Überblick über persönliche Daten zuständig wäre. Eine zentrale Speicherung bei einer staatliche Stelle lehnte Leutheusser-Schnarrenberger ab: "Das wäre Belastung und Bürokratie – und auch keine Transparenz."

Noch Anfang März hatte die FDP-Ministerin der Süddeutschen Zeitung gesagt, sie sei für die Idee eines Datenbriefs offen. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hatte einen entsprechenden Vorschlag des Chaos Computer Club damals als "prüfenswert" bezeichnet. Auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßten die Idee.

Der Datenbrief soll dem Bürger einmal jährlich alle Daten aufzeigen, die bei Wirtschaftsunternehmen über ihn gespeichert ist. Er soll es Bürgern erlauben, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wirksamer ausüben zu können. Damit wird ein wichtiges Ziel von Datenschützern erreicht: eine Erhöhung der Transparenz.

Unterstützt wird der Datenbrief nicht nur von Internetaktivisten, sondern auch von Bürgerrechtlern und dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sprach sich ebenfalls dafür aus. Die Piratenpartei diskutierte in den vergangenen Monaten darüber, die Forderung nach einem Datenbrief in ihr Parteiprogramm aufzunehmen.

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3 Kommentare

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  • DE
    Daniel E.

    Als Kleinunternehmer (Winzer mit ca. 700 aktiven Kunden) war ich anfangs sehr skeptisch - doch mittlerweile bin ich überzeugter Anhänger des Datenbriefs.

    Firmen, die nach der Bestellung keinen aktiven Datenbestand über den Kunden verfügen, brauchen die Kunden auch nie wieder anzuschreiben. Die Aufbewahrungspflicht hat mit dem aktiven Datenbestand nichts zu tun. Datenarchive sind vom Datenbrief ausgenommen.

    Es geht in erster Linie darum, die Bestandskunden darüber zu informieren, dass sensible Daten über die Person vorhanden sind. Wer Näheres über die vorhandenen Datenbestände wissen will, muss wiederum selbst mit der Firma Kontakt aufnehmen.

     

    Für mich als Unternehmer ändert sich relativ wenig, da ich fast alle Kunden mehrmals im Jahr anschreibe. Und als Privatmann hätte ich endlich die Möglichkeit, den Datenmissbrauch zumindestens teilweise zu beschränken.

  • W
    werkor

    @molly:

    Es ergibt wohl Sinn, dass Unternehmen dem Bürger über Daten Auskunft geben sollen: Letztere geben nämlich auf einer Website mglrw. nur eine E-Mail-Adresse und einen Namen an, und Unternehmen reichern diese Daten über Tools und Auskunfteidienste bzw. -software an: IP-Adresse zur Zugriffszeit, Adresslokator, Dienste zur Adresskorrektur, automatische Anfragen an Bonitätsprüfungsgesellschaften.

     

    Der Datenbrief bestraft gerade die Unternehmen, die bisher auf den gläsernen Kunden verzichten? Es geht doch darum, dass Unternehmen davon abgehalten werden sollen, diese Datensätze zu speichern, aber Unternehmen sind hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsentwicklung bei der Datenhaltung noch nicht besonders weit gediehen oder sogar komplett am Regredieren: Daten werden gehalten, bis es schmerzt. Über einvernehmlich gelöschte Datensätze braucht sich kein Unternehmen Gedanken zu machen.

     

    Sollte der Datenbrief umgesetzt werden, kann man darauf gehen, dass es in nullkommanichts freie Software geben wird, die die Versatzkosten auch für Kleinunternehmen erschwinglich macht.

  • M
    molly

    Naja, Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat den Datenbrief wie angekündigt geprüft und - in meinen Augen zu Recht - für keine gute Idee befunden. In seiner bisher diskutierten Form schafft er mehr Probleme als er löst.

     

    -> Es ergibt keinen Sinn, daß Unternehmen dem Bürger über Daten Auskunft geben sollen, die diese dem Unternehmen selbst z.B. im Rahmen der Bestellung mitgeteilt haben und diese jetzt aufgrund der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht speichern müssen.

     

    -> Der Datenbrief bestraft gerade die Unternehmen die bisher auf den gläsernen Kunden verzichten. Der Online Shop der seine Kunden ohne Kundenkonto einkaufen lässt und den man bequem per Email erreichen kann hat das nachsehen. Die Shops die alle Daten eines Kunden zusammenführen inklusive aller Serviceanfragen mit Ticketsystem hätten mit dem Datenbrief kein Problem: Er würde ihre Vorgehensweise und die Schaffung des gläsernen Kunden sogar nachträglich legitimieren. "Ja selbstverständlich haben wir alle Daten über den Kunden zentral gespeichert - alle Bestellungen, alle Reklamationen, alle Retouren usw. Nein, daß machen wir natürlich nicht, damit wir einem Kunden der im Verhältnis zu seinem Umsatz zuviel Servicekosten verursacht das Konto sperren können sondern nur wegen des Datenbriefs."

     

    Insgesamt kommt der Datenbrief wieder aus einer Denkweise in der die Wirtschaft nur aus Großkonzernen besteht. Es wird völlig ignoriert das 99% der Unternehmen in Deutschland zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen gehören die wieder einmal überproportional belastet würden.

     

    Würde man den Datenbrief z.B. über ein Serviceportal im Internet realisieren hätte der 5 Mann Online Shop nahezu die gleichen Investitionen zu Schultern wie ein Großunternehmen. Ob ich in solch einem Portal die Datenbriefe von 1000 Kunden oder 1.000.000 Kunden verwalte macht heutzutage kaum einen Unterschied. Der Versand von 1.000.000 Emails kostet kaum mehr als der Versand von 1000 Emails. Die Großkonzerne wirds freuen, den unliebsame Kleinunternehmerkonkurrenz wird plattgemacht.