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Kolumne DatenbriefDenn sie sagen nicht, was sie tun

Kolumne
von Constanze Kurz

Datensammler sollen gefälligst unaufgefordert informieren, was sie gespeichert haben. Werden nun hunderte kleinere Unternehmen pleitegehen? Natürlich nicht.

Schwarzer Brief vom Datensammler. Bild: Deborah Leigh – Lizenz: CC-BY

E s hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, obwohl die Idee bereits einige Monate kursierte: Der Vorschlag eines Datenbriefs, mit dem jeder informiert wird, wenn über ihn irgendwo Daten gespeichert werden, wird überraschend rege debattiert - innerhalb und außerhalb des Netzes. Selbst amtierende Bundesminister schließen sich der Forderung an. Dabei ist die Idee absichtlich eher unscharf umrissen und zunächst zur Diskussion gestellt, um Pro- und Kontra-Argumenten, gerade auch für die praktische Umsetzung, Raum zu geben.

Was soll mit dem Datenbrief erreicht werden? Es geht im Kern um den Grundsatz, dass alle, die Daten über Personen speichern, verarbeiten und weitergeben, die Betroffenen darüber unaufgefordert zu informieren haben: ein Paradigmenwechsel, denn heute muss jeder selbst nachfragen, was zwar gutes Recht ist, aber wenig gemacht wird. Der Datenbrief soll nun möglichst weitgehende Transparenz schaffen und gleichzeitig Unternehmen zum Nachdenken zwingen, welche Daten tatsächlich aufgehoben werden müssen.

Erwartungsgemäß konzentriert sich ein Großteil der Kritik am Konzept des Datenbriefes auf die Art der Zustellung, speziell die Vermeidung von Fehladressierungen und das sonst entstehende Missbrauchspotenzial. Niemand will, dass der Datenbrief mehr Probleme erzeugt als löst. Die eigenen Daten gehen eben nur einen selbst etwas an, niemanden sonst, und sei er noch so nah verwandt oder verheiratet.

Bild: taz

Diesen Text finden Sie in der aktuellen sonntaz - am 13. und 14. März gemeinsam mit der taz am Kiosk erhältlich.

Constanze Kurz

Die Autorin ist Sprecherin des "Chaos Computer Club".

Unstrittig ist: Es muss sichergestellt sein, dass nur der Datengeber Kenntnis erlangt. Das wird sicher nicht über zentralisierte Strukturen gehen und auch nicht über einen Ansatz, der die gleiche Übermittlungsmethode für alle Arten von Datensammlern vorschreibt. Natürlich wird man sich seine Krankenakte lieber in Kopie beim Arzt abholen und nicht über ein Online-Portal abrufen.

Es spricht jedoch nichts dagegen, die bei Google gespeicherte eigene Suchhistorie mit seinem Google-Log-in abzurufen. Es gilt hier, intelligente Lösungen zu finden, die der Sensibilität der jeweiligen Daten gerecht werden. Im Regelfall wird einfach der etablierte Kommunikationsweg zwischen Unternehmen beziehungsweise Behörde und Bürger genutzt, es muss also kein postalischer Brief sein.

Ein zweiter Problemkreis ist die Unterscheidung zwischen aktiv genutzten Daten und solchen, die nur archiviert sind, wie etwa aus steuerlichen Gründen aufgehobene Rechnungen. Auch hier gilt es, sensible Abwägungen zu treffen und das Ziel des Vorhabens nicht aus dem Auge zu verlieren. Niemand will realitätsferne Dogmen schaffen, geht es doch um die Erlangung einer neuen Offenheit und Datenschutz-Balance zwischen Bürger und Unternehmen und Behörden.

Und die Kosten? Werden nun hunderte kleinere Unternehmen pleitegehen, weil sie nicht mehr nachkommen mit dem Ausdrucken und Verschicken von Briefen? Natürlich nicht, denn Ausnahmen für kleine Firmen sind vorgesehen. Den Werbeetat wird der Datenbrief bei großen Datensammlern auch nicht übersteigen. Und ein Skript für eine Datenbank kostet nicht die Welt.

Bei Firmen wie Auskunfteien, deren Geschäftszweck das Verkaufen und Weiterreichen persönlicher Daten ist, hält sich das Mitleid allerdings in Grenzen. Nur weil es sich eingebürgert hat, dass jeder alles sammelt, was er nur kriegen kann, um es kommerziell zu verwerten, rechtfertigt das noch keinen gesellschaftlichen Schutzraum. Ein Ziel hat der Vorschlag bereits erreicht: Viele Menschen denken darüber nach, welche Daten über sie wo gespeichert sind. Und bei den Datenkrakenlobbyisten fallen die Masken.

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6 Kommentare

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  • A
    Anonymus

    Ich wäre sehr für die Information auf dem Briefpostweg.

    Das ist so ziemlich die einzige Möglichkeit, den Sammelwahnsinnigen Grenzen zu setzen. Wenn jede Mitteilung 55 Cent kostet ist das Budget schnell verbraucht.

  • A
    Andi

    Ein weitaus wichtiger Bereich wird hier vergessen:

     

    Score-Firmen.

     

    Es gibt zum einen die Schufa, welcher auch an seriösität verliert.

    Dann gibt es Firmen wie ...

    ...Bürgel (gehört der Allianz),

    ...Infoscore,

    ..

     

    Z.B. die beiden Genannten sammeln Daten durch Unternehmen, mit denen wir Verträge abschliessen:

    Versciherungsverträge,

    Mobilfunkverträge,

    DSL Verträge,

    usw.

     

    Also,

    wenn z.B. die Versicherung VHV von mir eine Nachzahlung fordert, und das noch dazu ungerechfertigt, dann zahle ich das logischerweise nicht.

    Aber,

    die Verischerung gibt die Riesensumme von 45 € als

    unbezahlt und nicht "Kreditwürdiger Kunde" an , z.B., Infoscore weiter.

    Jetzt passiert vorerst nichts.

    Aber,

    wenn ich bei einer anderen Verischerungsagentur ein Vertrag abschliessen will, da bekomme ich die Quittung:

    Abgelehnt, weil ein Eintrag bei Infoscore.

     

    Tja, was nun?

    Weil die Unternehmen, genauso wie wir, wegen 45 € nicht vor Gericht ziehen wollen, haben Sie diese Score-Firmen ins leben gerufen.

     

    Sie wollen nicht, dass bei Verträgen Ihre Daten nicht an diese Unternehmen weitergeleitet werden?

    Tja, dann bekommen Sie auch keinen Vertrag.

     

    Hallo Verbraucherschutz.

    Hallo Datenbeauftragter.

  • T
    Thorsten

    @von Wolfgang

    „und, wenn gewünscht, die Protokollierung ganz stoppen - zumindest wenn man einen Google-Account hat und angemeldet ist.“

     

    Das betrifft aber nur die Verknüpfung der Daten besuchter Seiten mit dem Google-Account, die IPs und Suchwörter der Suchanfragen bei Google bleiben weiterhin eine gewisse Zeit gespeichert.

  • T
    Tharben

    "Und bei den Datenkrakenlobbyisten fallen die Masken."

     

    Richtig. Ich hoffe wirklich, dass der Datenbrief, vernünftig ausgestaltet, Realität wird.

  • F
    FlorianH

    Haha, da ist wohl jemandem der Pflaumensaft nicht bekommen.

     

    Aber mal ganz im Ernst. Ich finde daß Unternehmen die persönliche Daten nur innerhalb des Unternehmens einsetzen und nur im Rahmen der Bestellabwicklung Daten weitergeben (z.B. an die Post zum Paketausliefern, an die Bank zur Abbuchung, an den Steuerberater für die Buchhaltung) und nur Daten verwalten die ihnen der Kunde selbst gegeben hat, nicht per Datenbrief informieren sollten. Das mich der kleine Versandhändler bei dem ich bestelle über meine Anschrift und meine bisherigen Bestellungen informiert ist einfach Blödsinn.

     

    Anders sieht es bei Unternehmen aus die wie z.B. Google, Daten über mich sammeln und verknüpfen ohne dass ich davon weiß: z.B. Suchdaten die mit einem Kundenkonto verknüpft werden. In diesem Fall sollte ich in meinem Kundenkonto eine Übersicht erhalten können. Außerdem sollten Unternehmen informieren die Daten von Dritten erhalten ohne dass eine Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen selbst besteht. Also z.B. Unternehmen die Daten kaufen um Werbung zu machen. Da sehe ich auch keine große Datenschutzproblematik bei fehlerhafter Zustellung. Es wäre z.B. auch eine Art Kennzeichnungspflicht für gekaufte Daten möglich: Bei einem Werbebrief könnte z.B. wie bei einem Hühnerei die Datenherkunft codiert sein.

  • W
    Wolfgang

    Die Suchhistorie bei Google kann man sich doch bereits anschauen, beliebige Einträge löschen und, wenn gewünscht, die Protokollierung ganz stoppen - zumindest wenn man einen Google-Account hat und angemeldet ist.