piwik no script img

Diskussion über Umgang mit FlüchtlingenWillkommen und Kultur

Peter Fox, Sevim Dağdelen und D.R.E.E.A. sprechen in Berlin über Willkommenskultur. Für den Sänger gab es reichlich Gegenwind.

Meinungsstark, aber nicht immer beklatscht: Sänger Pierre Baigorry alias Peter Fox Foto: dpa

Bald ein Jahr ist es nun her, dass Hunderttausende Menschen sich vor allem aus Syrien auf den Weg nach Europa machten. Pierre Baigorry alias Peter Fox diskutierte am Donnerstagabend im Heimathafen Neukölln in Berlin mit DJ und Autorin D.R.E.E.A. sowie Sevim Dağdelen (Mitglied der Linken) und dem Soziologen Dennis Eversberg über die damals von breiten Teilen der Gesellschaft ausgerufene Willkommenskultur.

Während Dağdelen und D.R.E.E.A. globale Problemlagen stärker auf ihre nationalen Ursachen zurückführten und daher eine große Verantwortung Deutschlands innerhalb der Weltwirtschaft geltend machten, betrachtete Baigorry die aktuelle Situation differenzierter: „Ich finde es albern, Ursachen für sämtliches Leid der Welt einzig und allein bei Deutschland zu suchen. Es gibt diverse andere Länder, die genauso dazu beitragen“, sagte der Popsänger.

Dem hingegen beklagten D.R.E.E.A., die aus einer Roma-Familie stammt, und Dağdelen, deren Eltern als „Gastarbeiter“ aus der Türkei hierherkamen, den in Deutschland herrschenden Rassismus. Sie sprachen von „spezifisch deutschem“ Sozialneid. Sänger Baigorry war diesbezüglich anderer Meinung: Was das Verhältnis zu Fremden betrifft, habe Deutschland kein besonders ausgeprägtes Problem.

Die Angst, wenn gewohnte, scheinbar sichere Strukturen sich verändern, sei überall auf der Welt gleich. Baigorry wagte so den Versuch, geläufigen „Täter-/Opfer-“Denkschemata und ihren Reproduktionen eine unideologische Sicht entgegenzusetzen. Und erhielt mit seinen Äußerungen als „weißer Deutscher“ reichlich Gegenwind vom Podium wie auch aus dem Publikum.

Dennoch plädierte der 44-Jährige für eine Sensibilisierung zu globalerem Denken: „Die Welt ist zusammengewachsen und dadurch unheimlich komplex geworden. Dafür muss ein Bewusstsein geschaffen werden, gedanklich, aber auch im ganz praktischen Sinne.“ Um einen Vorstoß in diese Richtung zu erreichen, hat Sänger und Bandmitglied von „Seeed“ kürzlich ein Festival organisiert, das unter dem Zeichen der Bekämpfung von Fluchtursachen steht.

Die Welt ist global und dadurch komplex geworden. Das Bewusstsein dafür fehlt, sagt Peter Fox

Soziologe Eversberg stellte eine von der lokalen Ebene ausgehende praktizierte Demokratie als Ausgangspunkt für Veränderungen in den Vordergrund. Er führte kleinere, selbst organisierte Projekte als gelungene Beispiele dafür auf, dass es innerhalb festgefahrener Strukturen auch Möglichkeiten der Aufweichung gibt: durch die aktive Übernahme von Verantwortung und die Inanspruchnahme von bereits bestehenden Rechten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • find ich schon interessant, dass der "weiße Deutsche" Gegenwind bekommt, obwohl man seine Analyse als internationl interessierter Mensch nur teilen kann. Die beiden anderen sind doch auch in der Welt herumgekommen, glaube ich. Wieso glauben sie, der Rassimsu und "Sozialneid" seien spezifisch Deutsch?

     

    Überall in Europa sprießen rechte Bewegungen, gerade in den liberalen skandinavischen Ländern sehr stark. Spricht doch klar für die These von Fox.